Mit einer Vogelquarantäne-Station schützen wir alle unseren gefiederten Schützlinge, darunter auch viele Wildvögel.

Es ist leider wieder soweit: Das Vogelgrippe-Virus H5N8 breitet sich bei uns in Norddeutschland aus. Und da es hoch ansteckend und nicht artspezifisch ist, können alle Vogelarten daran erkranken und sterben - Wild- und Heimvögel. Noch schlimmer: Säugetiere können sogar das Virus untereinander übertragen, ohne selbst zu erkranken, und infektiös für Vögel sein. Verantwortungsvolle Aufgaben für ein so großes Tierheim, wie das unsrige, denen wir uns zum Schutz unserer Tiere verantwortungsvoll stellen.

Unübersehbar steht ein orangener Container am Eingang unseres Tierheimgeländes seit dem 1. Oktober 2020. Innerhalb nur einer Woche wurde dieser für die Aufnahme von allen Vögeln, die nach aktuellem Kenntnisstand an der Aviären Influenza (Vogelgrippe) erkranken können, vorbereitet. Damit waren wir rechtzeitig vor dem Ablauf einer Frist, die uns die zuständige Behörde zum Schutz unseres Tierbestands auferlegte, fertig – und können somit allen Tieren einen bestmöglichen Schutz in unserer Obhut gewähren. Federführend zuständig ist unsere leitende Tierärztin Dr. Urte Inkmann, die erst am 07. September nach einer fast dreijährigen Unterbrechung zu uns in den Verein zurückkehrte und sich von Anfang an in diese dringende, verantwortungsvolle Aufgabe kniete.

Für das Betreten und Verlassen der Station gelten strenge Hygeniemaßnahmen.
Im Inneren werden die Vögel getrennt voneinander untergebracht.

Dank des professionellen Hygienekonzepts, das unsere tierärztliche Leitung entwickelte, und der Fürsorgepflicht, der der HTV-Vorstand nachging, können wir stolz mitteilen, dass das für uns zuständige Veterinäramt unsere Quarantänemaßnahmen als umfassend und vorbildlich einstuft. Das beruhigt uns alle dahingehend natürlich sehr, dass wir auch durch diese Viruskrise glimpflich kommen werden. Und es zeigt, dass uns eine erfolgreiche und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt sowie dem Hygieneinstitut wieder möglich ist.

Was macht H5N8 so viel gefährlicher und zu einer bedeutend größeren Herausforderung für uns?

Es handelt sich um ein Virus, dass eine tödliche und leider nicht behandelbare Krankheit bei Vögeln verursacht. Und es ist sehr leicht durch Kontakt von Vogel zu Vogel übertragbar, was natürlich gerade in Massentierhaltungen zu einer schnellen Ausbreitung führt. Und de facto sind wir mit unseren mehr als 1.000 Tieren auf etwa vier Hektar auch eine Form von Massentierhaltung. Zumindest werden für Tierheime dieselben Gesetze wie für Ställe angewandt, uns also quasi übergestülpt, obwohl wir weder vom Tierschutzgedanken, noch von der Unterbringung her vergleichbar sind.
Das Virus kann leider auch auf Säugetieren eine gewisse Zeit überleben und von ihnen auf Vögel übertragen werden.

Viele Vögel sind dringend auf unsere Hilfe angewiesen, ...
... beim Ausbruch der Vogelgrippe in unserem Tierheim müssten sie alle getötet werden.

Was sind die konkreten Gefahren für das Tierheim Süderstraße bzw. die Vögel in seiner Obhut?

Wenn ein Vogel auf dem Tierheimgelände das Virus aufweist (ob verstorben oder nicht) und sich nicht in einer behördlich abgesegneten Quarantänestation befindet, bedeutet es, wie in allen Massentierhaltungen, dass der gesamte Vogelbestand auf behördliche Anordnung hin getötet werden muss. Noch schlimmer sogar: All unsere Säugetiere, von der Streunerkatze über die Wildmaus bis hin zu den Hunden unserer Mitarbeiter*innen, dürfen das Gelände solange nicht verlassen, wie sie infektiös für andere sind. Im schlimmsten, bisher jedoch nirgendwo in Deutschland angewendeten Fall wird sogar deren Tötung behördlich angeordnet. Das Tierheim wird damit zum Sperrgebiet. Menschen aber dürfen sich noch aus diesem raus- und in dieses hineinbewegen, obgleich sie die größte Gefahr für eine Übertragung darstellen.

Im schlimmsten Fall wird das Tierheim zum Sperrgebiet.

Genau das wäre fast passiert! Denn kürzlich wurde eine Pfeifente, die uns gebracht wurde, positiv auf H5N8 gestest. Hätten unsere Station und unser dazugehöriges Konzept nicht kurz vorher behördlich attestiert bekommen, den Schutz unseres Tierbestands ausreichend zu gewähren (sogar mehr als das), hätte es eine Anordnung zur Tötung all unserer Vögel gegeben! Das hätte also auch Exoten wie Papageien betroffen - unabhängig davon, warum sie zu uns kamen, wo genau sie untergebracht sind, wie ihr körperliches Befinden ist oder ob ihre Halter*innen sie wieder abholen wollten. Das zeigt, wie bitter nötig es war, die seit Jahren seitens des Veterinäramts gestellte Forderung an den HTV, eine isolierte und sichere Vogelgrippe-Quarantänestation einzurichten, die ja schließlich auch seitens der Stadt finanziert wird.

Bildergalerie: Diese und weitere Tiere schützen wir vor H5N8!

Wie genau sorgt der HTV dafür, nicht zum Sperrgebiet mit allen katastrophalen Maßnahmen zu werden?

Der allgemeinen Stallpflicht, die für Hamburg seit dem 13. November 2020 für Geflügel (also Hühner, Enten und deren verwandte) gilt, kommt natürlich auch der HTV nach. Die betroffenen Vögel wurden also „aufgestallt“, wodurch sie keinen Kontakt mehr zu anderen Tieren haben können. Die Volieren mussten allerdings nicht mit Planen abgedeckt werden, wie es noch im Winter 2014/2015 der Fall war, denn es galt nur noch, eine Kontamination durch erkrankte resp. tote Vögel von außen zu vermeiden, also das „Hineinfallen“ eines Tieres. Unsere Maßnahmen wurden auch sogleich vom für uns zuständigen Bezirksamt Mitte kontrolliert, es wurden sogar die Gittermaschen ausgemessen: Zweieinhalb Zentimeter Breite dürfen nicht überschritten werden, um Übertragungen „von außen nach innen“ zu vermeiden und damit unsere Schützlinge auch umfänglich zu schützen. „Alles richtig gemacht, HTV!“.

Langfristig wird die Vogelquarantäne noch vergrößert.

Noch stellt ein Container die geforderte Vogelquarantänestation dar. Dieser wird nur von Mitarbeiter*innen betreten, die mit anderen Vögel weder zuhause, noch bei uns auf dem Gelände Kontakt haben. Besonderen Vorsichtsmaßnahmen sind beim Betreten und Verlassen zu berücksichtigen, dazu gehören Schutzkleidung und eine strenge Hygiene. Die darin aufgenommenen Vögel (vorwiegend die im Fokus stehenden Gänse und Enten, Möwen, Greifvögel und Eulenartige sowie Krähenverwandte) werden schnellstmöglich beprobt und erst mit Negativbefund in unsere normalen Unterkünfte überführt. Neuzugänge werden von den bereits beprobten Individuen getrennt untergebracht, um im Falle eines bereits vorhandenen Positivfalls nicht in unserer Obhut infiziert werden zu können und dadurch nicht auf behördliche Anordnung hin prophylaktisch eingeschläfert zu werden  Das ist jedoch nur möglich, solange kein Hausgeflügel, das ja besonders leicht erkrankt und das Virus überträgt, sich mit in diesem Raum befindet. All das stellt uns natürlich vor logistische und personelle, auch finanzielle Herausforderungen.

Diese Improvisation reicht derzeit noch aus, eventuell aber nicht mehr lange. Daher sind Dr. Urte Inkmann und ihr Praxisteam gemeinsam mit dem HTV-Vorstand im engen Austausch mit der Behörde, um einen größeren, für die Unterbringung mehrerer verdächtiger Vögel und auch so großer Tiere wie Schwäne (die derzeit direkt zum Schwanenvater Nieß gehen) geeigneten Raum umzufunktionieren. Gar nicht so leicht, diesen auf dem HTV-Gelände zu finden, denn Platz ist Not: Mehr als 1.000 Tiere zeitgleich wollen artgerecht untergebracht werden. So mussten wir uns schweren Herzens dazu entschließen, dass allseits beliebte SpatzenCafé mit seiner BücherStube in unser Tierschutz-Jugendhaus umzuquartieren. In der Not rückt man eben näher zusammen – und die Tiere haben natürlich Vorrang im HTV. Aber die Corona-Pandemie stellt uns ja auch zusätzlich Zeit zur Verfügung, die betroffenen sozialen Einrichtungen neu zu sortieren. Denn Not macht erfinderisch!