Wir berichten immer wieder über Hamburgs Straßenkatzen und fragen, ob jemand Platz für Streuner hat, die aufgrund von anstehenden Bautätigkeiten ihre Heimat verlieren.

Im Oktober erhielten wir ein wundervolles Angebot: Auf der Ostseeinsel Fehmarn wandelt das Ehepaar Schwenn einen ehemaligen Bauernhof in einen Lebenshof für Tiere um. Als offizielle Pflegestelle für Notfallhühner von Rettet das Huhn e.V. bekamen dort bislang 85 Hühner von „Rettet das Huhn“ und „Stark für Tiere“ eine Chance auf ein erfülltes Leben. Die große Scheune ist nun eine Wohnstatt für neun gerettete Schweine, die hier ihren Lebensabend verbringen dürfen.

Die sechs ehemaligen Zuchtsauen und drei Borgs (kastrierte Eber im Alter von etwas über einem Jahr) wohnen alleine in dieser Scheune. Sie steht ausschließlich den Schweinen zur Verfügung, die sich auf der anliegenden Wiese suhlen und anderweitig austoben können.

Das Ehepaar beherbergt auch Katzen aus dem Tierschutz, die sich aber nicht in der Scheune aufhalten. Da dieser Platz also noch frei war, entstand der Wunsch, die Scheune als Lebensmittelpunkt für wilde Katzen anzubieten. Es sollten Katzen sein, die große Not leiden und keine andere Chance auf ein gutes Zuhause haben – insgesamt sollten es vier sein. Da beide gerne auf unserer Homepage mitlesen und unsere Suchaufrufe fanden, wandten sie sich an den HTV. Vielen Dank dafür, dass ihr an Hamburgs Streuner gedacht habt!

Unser Vorstandsmitglied Stefanie Bauche, die sich besonders um die Vermittlung von Straßenkatzen bemüht, nahm Kontakt auf und schnell war ihr klar: „Das ist ein kleines Paradies!“ Gemeinsam mit Katzenrettungsleiterin Monika Freytag überlegte Stefanie Bauche sorgfältig, welchen unserer Streuner das Glück zuteilwerden könnte, in das kleine Paradies umziehen zu dürfen. Es sollten Katzen sein, die unter schlechten Bedingungen leben müssen und selbst diese bald verlieren würden. Bedingung war jedoch: Um sie gemeinsam in dem eigens für die Tiere liebevoll eingerichteten Nebenraum der Scheune einzugewöhnen, müssen die Katzen einander kennen und akzeptieren.

Die Wahl fiel auf eine Katzengruppe aus unserem „Sorgenbereich“ Curslack in Hamburg-Bergedorf. Dort leben mindestens 30 von uns kastrierte Katzen in einem unübersichtlichen Gelände aus Kleingärten, Gewerbegebiet, Wald und einer „fördern+wohnen“-Anlage. Wir haben dort mit ehrenamtlicher Hilfe vier Futterplätze errichtet und fangen dort immer wieder auch unkastrierte Neuzugänge ein. Es gibt anscheinend einige Schattenkatzen, die sich zwar nicht zeigen, aber vorhanden sein müssen. So übernahm Stefanie Bauche als Pflegestelle für Waisenkinder im Sommer vier gerade einmal eine Woche alte Katzenwelpen, die dort im Gebüsch gefunden wurden. Niemand sah je eine trächtige Katze und der Versuch, am geräumten Nest die Mutter zu erwischen, endete mit einem Igel in der Falle. Die Tierschützerin brachte die Kätzchen mit rund-um-die-Uhr Pflege alle durch, sodass sie mittlerweile in liebevolle Hände gegeben werden konnten und ein glückliches Katzenleben führen.

Von so großen Gruppen spalten sich manchmal kleinere Grüppchen ab. So auch eine Vierergruppe ,bestehend aus einer Katze und drei Katern, die tiefer in die Kleingärten zog und dort gefüttert wurde. Leider werden die Parzellen im Januar 2023 abgerissen, weshalb diese Gruppe für die Umsiedelung ausgewählt wurde. Kurz zuvor tauchte noch ein Neuzugang auf und ließ sich dort mitfüttern. Die Gruppe ließ ihn gewähren, da Streuner untereinander meistens sehr sozial sind - teilen sie doch alle das gleiche Schicksal. Ein unkastrierter Straßenpirat, geschätzt auf schon vier Jahre Streunerleben, dementsprechend mit Knickohr und dicken Katerbacken. Er sollte kastriert werden und dann vielleicht irgendwo anders einen Platz finden. Nachdem das Ehepaar Schwenn informiert wurde, kam sofort die Antwort: „Wo vier satt werden, werden es auch fünf. Wenn die Gruppe ihn akzeptiert hat, kommt der Kater selbstverständlich mit zu uns.“

Ausschnitt aus dem Alltag der Katzenrettung: Geduld ist das A und O.

Erster Schritt: das Fallentraining. Keine Katze einer Gruppe darf alleine zurück bleiben, weil sie eine Falle nicht betreten mag. Deshalb wird vorher durch Beobachtung mit Wildkameras sichergestellt, dass auch alle sich trauen, in der Falle zu fressen.

Zweiter Schritt: Die Falle auf Abstand bewachen und im geeigneten Moment auslösen. Es muss so gefangen werden, dass die Gruppenmitglieder keine in der Falle tobende Katze mitbekommen.

Praktischerweise marschierte der unkastrierte Neuzugang als erstes in die Falle. Prima, denn er musste ja noch unter’s Messer. Der ältere graue Kater war der zweite, der sich einfangen ließ. Danach war die Gruppe eine Zeitlang verunsichert. Wo plötzlich klammheimlich Freunde verschwinden, wird so ein Futterplatz erstmal unheimlich und die Vorsicht siegt vor dem Hunger. Aber nicht allzu lange, denn dann erinnert man sich an das leckere, sattmachende Futter. Da die Fallen vorher als ungefährlich deklariert wurden, konnten nach dieser Zwangspause die restlichen Katzen mit ihrem Hunger schnell gesichert werden.

Nun waren alle Katzen beisammen und wurden in unserer Praxis durchgecheckt. Der alte Haudegen war mittlerweile kastriert, er hatte ein paar Bisswunden – welch Wunder – die gut abheilten und ein Zahn musste ihm gezogen werden. Ansonsten waren alle fit und bereit für die Reise.

Die Überführung nach Fehmarn übernahmen Stefanie und Andreas Bauche persönlich. Da unserer Beisitzerin die Streuner besonders am Herzen liegen, wollte sie sich sehr gerne den Lebenshof ansehen. Bisher hatte sie ja viele tolle Fotos und Beschreibungen erhalten. „Die Realität übertraf alles“, so ihr Fazit. Die Eheleute Schwenn sind großartige Tierschützer und sehr empathische Menschen, die sich bedingungslos um alle ihre Tiere kümmern. Die fünf ehemaligen Hamburger Streuner haben großes Glück, in Zukunft hier leben zu dürfen!