HTV-Tierpfleger Kevin Straube (l.) bereitet den Transport unserer Schützlinge vor.

Unser kleiner Affenmann Willem kann endlich mit Artgenossen zusammenleben, nachdem er aus einer Wohnung gerettet und bei uns versorgt wurde. Wo er in Zukunft lebt, wie sein Umzug gelaufen ist und welche weiteren Schützlinge mit auf die Reise gingen, lesen Sie hier.

Willem zieht um – die Reise beginnt

Die meisten unserer Schützlinge schlafen noch tief und fest, als unser Tierpfleger Kevin Straube gegen 6.30 Uhr den Transport vorbereitet. Noch etwas müde, aber auch aufgeregt holt er gemeinsam mit einer Kollegin aus dem Nachtdienst, Anne Weidner, mehrere unserer Schützlinge behutsam aus ihren Behausungen und macht sie transportbereit. Ihr Ziel ist die Auffangstation für Reptilien München, wo der kleine Willem endlich mit anderen Weißbüschelaffen artgemäß leben kann und auch weiterhin fachkundig betreut wird. Mit Willem gehen noch zwei Hähne, zehn Wachteln, drei Kaninchen, zwei Bartagamen, vier Vogelspinnen und ein Skorpion auf die Reise. Die Vögel und Kaninchen dürfen auf dem Gnadenhof Keller-Ranch im hessischen Weiterstadt einziehen – hier soll ein Zwischenstopp eingelegt werden auf dem Weg nach München. Der Transport wird von uns organisiert und durchgeführt. Die Transportkosten übernimmt die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz.

Der Abschied von Willem wird Kevin Straube nicht leichtfallen. Er hat den Weißbüschelaffen sehr ins Herz geschlossen. Seit Willem bei uns ist, hat ihn Kevin Straube als sein Bezugspfleger aufgepäppelt und ihm die Angst genommen. Mit der Zeit hat Willem zu ihm eine ganz besondere Bindung und Vertrauen aufgebaut. Natürlich möchte Kevin Straube den Affenmann auch begleiten, wenn er in seine neue Unterkunft zieht. Das ist für den etwa vierjährigen Affen auch stressfreier. Als Willem zu uns kam, war er in einem sichtbar schlechten Zustand – verfilztes Fell, unter- und fehlernährt. Er hatte sein Leben bis dato einzeln in einer Wohnung gefristet und soll dort vom Schrank gefallen sein. Das Veterinäramt hatte ihn nach einem Hinweis durch unsere Tierschutzberatung im Bezirk Nord sichergestellt und zu uns gebracht.

Erster Stopp: Keller-Ranch

Nachdem alle tierlichen Bewohner eingeladen sind, kann die Reise losgehen. Kevin Straube wird bei der Fahrt von einer Freundin begleitet. Alle zwei Stunden wird eine Pause gemacht und die Tiere werden mit Wasser und Futter versorgt. Gegen 12.40 Uhr erreichen sie glücklich den Tierhilfeverein Keller-Ranch im hessischen Weiterstadt. Der Gnadenhof Keller-Ranch beherbergt rund 300 Tiere verschiedener Arten und Rassen, darunter Hunde, Katzen, Huf- und Klauentiere und Exoten. Tiere in Not werden hier liebevoll gepflegt und tierärztlich versorgt. Nicht mehr vermittelbare Schützlinge dürfen den Rest ihres Lebens auf der Ranch verbringen.

Vor Ort begrüßen der 1. Vorsitzende Karl-Heinz Keller und seine Frau und Tierheimleiterin Jutta Keller die Besucher. Der Tierhilfeverein Keller-Ranch wurde 2002 gegründet, war aber bereits davor ein Gnadenhof für ausrangierte oder nicht mehr gewollte Tiere. Unsere Wachteln, Kaninchen und Hähne beziehen ihre neuen Quartiere und es wartet schon frisches Futter auf die Schützlinge. Die Hähne erhalten ihre große Hühnerschar und dürfen nach einer Eingewöhnung auf dem ganzen Gelände herumstreifen. Unsere Kaninchen finden in einem großzügigen Außengehege einen geschützten Platz. Auch die Unterbringung der Wachteln bietet genügend Platz und Rückzugsraum. Bei einem kurzen Rundgang über das liebevoll gepflegte Gelände sind weitere Bewohner zu entdecken: zum Beispiel Strauße, Alpakas und Kamele und Ponys. Kevin Straube lernt außerdem die Kuh Schnuckel kennen, die aus einem Zirkus stammt, und sich gern von ihm streicheln lässt.

Unsere Kaninchen haben ein großzügiges Außengehege erhalten.
HTV-Tierpfleger Kevin Straube (l.) mit Tierheimleiterin Jutta Keller (M.) und dem 1. Vorsitzenden des Tierhilfevereins Keller-Ranch Karl-Heinz Keller.
Unsere Hähne leben nun bei einer großen Hühnerschar.

Willem darf endlich ein Affe sein

Die Fahrt geht weiter. Von der Keller-Ranch nehmen Kevin Straube und seine Freundin Lena Kiesel noch zwei weitere Weißbüscheläffchen mit, die in der Münchner Auffangstation für Reptilien ebenfalls untergebracht werden können. Genau das macht für uns erfolgreiche Tierschutzarbeit aus: Gemeinsam mit anderen Tierschutzorganisationen ziehen wir an einem Strang, jeder leistet, was er nur kann, damit wir gemeinsam die bestmöglichen Lebensbedingungen für unsere Schützlinge erreichen können. Um 20 Uhr erreicht die Truppe München. Willem, die Bartagamen, Vogelspinnen und der Skorpion sind sicher angekommen. In der Auffangstation für Reptilien München nimmt Obertierpfleger Hans Steiner die Gruppe in Empfang, der sich auch künftig um Willem kümmern wird. Willem lässt sich vorsichtig aus seiner Box nehmen und klettert gleich auf die Schulter seines HTV-Bezugstierpflegers Kevin Straube. Die Annäherungsversuche mit Hans Steiner klappen sehr gut, Willem springt nach kurzer Zeit auch auf seine Schulter und genießt etwas Obst.

Willem genießt einen kleinen Snack auf der Schulter von HTV-Bezugspfleger Kevin Straube.
Willem hat schnell Vertrauen gefasst und klettert auf die Schulter von Obertierpfleger Hans Steiner.
Zwei glückliche Tierpfleger und ein entspannter Affe.

Auch die zwei Äffchen von der Keller-Ranch haben wohlbehalten ihren Platz gefunden. Alle Tiere kommen zunächst in Quarantäne. Willem wird noch kastriert und er soll dann mit zwei weiteren Affen vergesellschaftet werden. Er wird in einem der großzügigen Affengehege wohnen, die einen Innen- und Außenbereich haben. Kevin Straube ist erleichtert: „Willem darf endlich ein Affe sein und in Gesellschaft seiner Artgenossen leben. Er wird dabei in Ruhe gelassen und muss sich auch sein verstecktes Futter selbst erarbeiten.“ Hans Steiner von der Reptilienauffangstation erläutert: „Die Weißbüschelaffenhaltung in der Reptilienauffangstation München zeichnet sich durch eine möglichst artgemäße Haltung aus, in der die Äffchen auch Äffchen sein dürfen und nicht vermenschlicht werden.“ Mit unterschiedlichen Beschäftigungsarten werden die Affen täglich gefördert und gefordert. Ihnen werden stets sowohl Lebensraum- als auch Verhaltensbereicherungen geboten. „All das erwarten wir auch von den Plätzen, an die wir die Tiere dann letztendlich hoffentlich vermitteln können“, betont Hans Steiner.

Die Affengehege in der Reptilienauffangstation bieten viel Platz und Klettermöglichkeiten.
Mithilfe von Durchlässen können auch räumlich getrennte Tiere Kontakt miteinander aufnehmen.
Die großen Außenbereiche können je nach Wetter zusätzlich genutzt werden.

Erfolgreiche Tierschutzarbeit über Ländergrenzen hinaus

Am nächsten Tag erhält unser Tierpfleger Kevin Straube noch eine Führung vom Tierheim-Betriebsleiter Conrad Dreßler durch das Tierheim München. Die Auffangstation für Reptilien hat dort ein extra Gebäude, das Exotenhaus, gepachtet. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschiedet sich Kevin Straube schließlich vom Team und dem kleinen Willem, der vor Ort sehr gut aufgehoben ist. Wir werden natürlich auch weiter berichten, wie sich der Affenmann einlebt und wie es ihm im neuen Quartier ergeht.

Der Einsatz von Kevin Straube und die gelungene Zusammenarbeit mit dem Tierhilfeverein Keller-Ranch, der Auffangstation für Reptilien München und dem Tierschutzverein München mit seinem Tierheim ist ein gutes Beispiel dafür, wie erfolgreicher Tierschutz deutschlandweit funktioniert: indem sich alle Beteiligten gemeinsam für das Wohl der Tiere stark machen und zusammenarbeiten. Unsere Tierheimleiterin Susanne David erläutert: „Wir sind glücklich, alle Schützlinge gut untergebracht zu haben und freuen uns über die vertrauensvolle Zusammenarbeit und den gegenseitigen Austausch, der uns in unserer wichtigen Arbeit bestärkt.“ Wir freuen uns auf die nächste Zusammenarbeit und heißen gern alle bei uns willkommen.

Alle Fotos zur Reise finden Sie hier.