Unserem Vorstandsmitglied Stefanie Bauche ist es als erfahrene Pflegemama gelungen, das Vertrauen von Greta, Gitta, Gesa und Gina zu gewinnen.

In Deutschland gibt es keine Straßenkatzen? Weit gefehlt. Die gleiche Sorte Katzen, die in Urlaubsländern von Touristinnen und Touristen gefüttert wird, deshalb dort allgegenwärtig und sichtbar ist, wird Zuhause in Deutschland von Grundstück oder Firmengelände verjagt. FRAGE: Woran erkennt man menschenscheue, freilebende Straßenkatzen? ANTWORT: Daran, dass man sie NICHT SIEHT.

Wir wissen: Es gibt sie auch in Hamburg. Wir filmen sie mit Wildkameras, wann immer uns „wilde Katzen“ gemeldet werden. Denn nachts, wenn alles still ist, gehen sie auf Nahrungssuche in Kleingärten, auf Firmengeländen, überall, wo sie sich etwas erhoffen. Sie leiden an Hunger und unter Krankheiten, leben in Elend und Not. Ein stilles unsichtbares Leid. Es sind verwilderte Nachkommen von domestizierten Katzen, die der Mensch unkastriert vor die Tür gelassen hat – was sowieso nicht zu verstehen ist. Denn nicht-kastrierte Hauskatzen sind beim Freigang so viel mehr Gefahren ausgesetzt. Warum riskieren Menschen, dass ihre Lieblinge ...

  • hormongesteuert nicht auf die Gefahren der Straße achten
  • zu weit laufen und den Weg zurück nicht finden
  • sich bei Kämpfen verletzen
  • beim Geschlechtsakt infizieren
  • an Gebärmutterentzündungen erkranken (ungedeckte Kätzinnen)
  • eine deutlich niedrigere Lebenserwartung gegenüber kastrieren Hauskatzen haben?

Was man liebt, beschützt man doch.

Mithilfe einer Katzenschutzverordnung mit Kastrations-, Chip- und Registrierpflicht für Freigänger würde es zudem nicht so viele Katzenwelpen geben, die dringend auf menschliche Hilfe angewiesen sind und ohne diese auf Hamburgs Straßen verhungern oder krank elendig verenden würden. Wie aufopfernd wir uns um Waisen kümmern, die vor diesem Leid bewahrt werden können, lesen Sie im Folgenden.

Die Geschichte von Greta, Gitta, Gesa und Gina

Vier verwilderte Katzenkinder wurden gemeinsam von unserer Katzenrettung eingefangen, da sie nachts in einer Gewerbehalle umherstreunten und dort nicht bleiben durften. Wie alle Streuner, waren sie schreckhaft und ängstlich und hatten gelernt, sich tagsüber vor Menschen zu verstecken.

Wenigstens waren die vier nicht schwer krank, denn sie hatten eine Unterkunft gefunden, und nicht halb verhungert – sie hatten ab und zu etwas zu essen hingestellt bekommen.

Diese vier Mädels waren noch jung genug, sich vielleicht an Menschen gewöhnen zu können. Sie kamen auf eine erfahrene Pflegestelle, auf der ihre menschliche Pflegemama, unser Vorstandsmitglied Stefanie Bauche, den Vieren ganz viel Liebe, Geduld und Zeit schenkte, um ihnen die Angst zu nehmen. Im Folgenden berichtet sie von ihren Erlebnissen mit dem Quartett.

Aus dem Tagebuch der Pflegemama

Da habe ich mir was vorgenommen … Sozialisierungsversuch von vier Wildlingen, bei denen das „Sozialisierungsfenster zweite bis achte Woche“ eigentlich schon überschritten ist. Alle Vier gleichzeitig, damit sie ihre Gemeinschaft nicht verlieren. Den Vorschlag: „Nimm doch nur eine oder zwei, dann wird’s einfacher“ habe ich abgelehnt. Wie hätte ich auch durch bloßes Anschauen entscheiden können, bei welcher Katze die Chance am größten ist und wer sie nicht bekommen soll? Wie hätte ich ihnen das antun können?

Anfangs trauen die Vier der fremden Zweibeinerin in ihrem Leben noch nicht.
Tag 1: Angst, sobald ich das Zimmer betrete. Sie schauen mich mit großen Augen an, mögen sich nicht einmal bewegen. Einschlafen auch nicht, ich könnte ihnen ja etwas antun wollen. Nur der Hunger zwingt zum Verlassen der Verstecke, die genügend vorhanden sind. Die Mutigste voran. Ich setze mich sechs Meter entfernt hin, stundenlang und still, auch die winzigste Bewegung schreckt.

Tag 3: Es wird klar, tagsüber im Raum sein nützt nichts, sie kommen nur zum Fressen raus und rasen schnellstmöglich in ihre Verstecke zurück. Ab heute mache ich Nachtwachen und gönne ihnen tagsüber Pause.

Nacht 4: Sie sitzen auf dem Boden am leeren Futtertablett, als ich komme. Ich darf „servieren“ ohne dass sie sich verstecken. Weglaufen auf Abstand reicht, ihre Augen sind nicht mehr voller Angst.

Von links: Gitta, Gesa, Greta und Gina teilen solidarisch ihr Futter - müssen sie aber nicht. Ihre Pflegemama stellt immer sicher, dass sie genug zu essen haben.

Sie haben mich zudem sehr überrascht mit der Solidarität untereinander. Gut erzogen, Katzenmama. Bei Kitten im Übergang von Milch zu Futter bin ich den instinktgesteuerten Futterneid gewohnt, der verbietet, nur einen Napf für alle bereit zu stellen – wenn ich nicht ständig bäuchlings über dem Futter liegende Fellchen säubern möchte. Sie sitzen gesittet zu viert um einen Napf - ohne Fauchen, Knurren, ohne Hauen, Schubsen und Drängeln. Faszinierend. Stelle natürlich trotzdem vier Näpfe hin. Sie sollen ja lernen, dass es ihnen bei Menschen gut geht.

Nacht 7: Das beliebte Trockenfutter stelle ich immer dichter, nun steht es zu meinen Füßen. Leise Stimme und langsame Bewegungen schrecken nicht mehr.

Nacht 10: Das Bett, auf dem ich sitze, ist erobert. Sie fressen ihre Knusperbröckchen direkt neben mir und lassen sich dabei sanft über den Rücken streichen. Erfreut sind sie darüber allerdings nicht …

So langsam kommt das Vertrauen, ...
... obwohl manche damit länger brauchen als andere.

Nacht 12: Sie liegen auf der Decke über meinen Beinen, nur die Schüchternste liegt noch am Rand.

Ich frage mich: Schaffen sie es noch, auch ohne „Erpressung“ mit Futter zu mir zu kommen? Entspannt zu bleiben, wenn ich durchs Zimmer gehe? Dann haben sie eine Chance auf ein richtiges Zuhause bei sanften Menschen, sonst müssten sie wieder „auf die Straße“. Drücken wir ihnen die Daumen!

Nach 14 Tagen nähern sie sich auch tagsüber vorsichtig, wenn ich mit frischem Futter komme. Ich verlege die Übungsstunden auf den späten Nachmittag. Die Vier sind schon gut in Übung, auf den Federwedel fahren sie total ab. Kaum sitze ich, kommen sie angerannt nach dem Motto: „Wann fängst du endlich mit dem Wedeln an?“ Und genauso solidarisch wie sie essen, spielen sie auch. Wechseln sich ab, jede darf mal Beute machen. Auch wenn Warten so frustet, dass man in einer Übersprungshandlung mal in meinen großen Zeh beißen muss ...

Gespannt wird auf den Wedel gewartet, ...
... bis sie ihn zu fassen bekommen!

Nach drei Wochen tauen sie immer mehr auf. Kommen angerannt, wenn ich Futter bringe und brechen auch nicht mehr in Panik aus, wenn ich ihr Zimmer fege.

Gina
Gesa

Gina und Gesa sind sanft, ruhig und geduldig. Vorsichtig, aber vertrauensvoll. Beide nehmen Futter direkt aus der Handfläche und lassen sich dabei sanft kraulen. Sie klettern auf meine Beine um Leckerlis zu naschen oder zur Katzenwäsche. Gesa ist kurz davor, zur Schoßkatze zu werden: Sie sitzt schon manchmal schneller auf meiner Kuscheldecke als ich und lehnt sich sogar an. Sie läuft genauso dicht wie meine Handaufgezogenen um mich herum, so dass ich beinahe über sie stolpere. Damit hat sie Gina überholt, die sich als Erste herantraute. Wie viel Nähe sie gerade aushalten, möchte jede selbst bestimmen. Erzwingen kann man Vertrauen nicht.

Greta
Gitta

Greta bleibt kritisch, sie kommt immer als letzte hinzu. Sie hält Abstand und faucht auch mal, wenn ich ihr zu nahe komme. Halte ich inne und gebe ihr Raum zum Ausweichen, ist sie aber schnell beruhigt. Berührung duldet sie nur manchmal, eher duckt sie sich weg und geht, aggressiv wird sie nie.

Gitta ist die frechste. Sie ist zwar die scheueste, aber auch am neugierigsten und lässt sich leicht locken. Sie frisst aus dem in der Hand gehaltenen Napf. Futter direkt aus der Hand nimmt sie nicht, sondern schlägt die Bröckchen mit der Pfote aus meiner Handfläche. Vor ihren Krallen muss ich mich hüten. Die Krallen der anderen Drei spürte ich nie – wenn sie mit etwas nicht einverstanden waren, sind sie schlicht gegangen.

Vier Wochen sind nun vergangen. Die Mädels sind bereit, sich auf Menschen einzulassen. Vielleicht werden sie keine Schmusekatzen – aber wer weiß? Die Katzenvermittlung wird Menschen mit Katzenerfahrung finden, die bereit für die Herausforderung sind, diesen Straßenkatzenkindern Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln und ihren besonderen Bedürfnissen gerecht zu werden. Menschen, die ihren gewünschten Abstand respektieren, denn Streuner dürfen sich niemals bedrängt fühlen.

Alles Gute für euch „Nichtmehrwildlinge“!

Von verängstigter Streunerkatze zu kuscheliger Samtpfote, ...
... den vier Mädels ist dieser Übergang mithilfe ihrer Pflegemama mehr als gelungen.