Susanne David, stellvertretende Tierheimleiterin und BHV-Vorstandsmitglied, fordert tierschutzkonforme Hundeerziehung.

7. März 2018

Veraltete Hundetrainingsmethoden, bei denen das Tier unterdrückt werden soll, werden oft in Fernsehsendungen präsentiert – und finden leider viele Nachahmer. Der Hamburger Tierschutzverein und der Berufsverband der Hundeerzieher und Verhaltensberater e. V. nehmen Stellung zum Thema Hundeerziehung.


Susanne David, stellvertretende Tierheimleiterin und ehrenamtliches BHV-Vorstandsmitglied:

Solche Fernsehsendungen haben oft fatale Folgen. Denn solche Methoden, die in Fernsehsendungen propagiert werden, finden mehr Nachahmer als man glaubt. So kommen auch in unsere Hundeschule regelmäßig verzweifelte Halter mit ihren noch verzweifelteren Hunden, an denen sie im Fernsehen aufgeschnappte, unqualifizierten Erziehungstipps ohne den gewünschten Erfolg ausprobiert haben – im schlimmsten Fall über längere Zeit und mit weitreichenden Folgen.

Aversive Methoden führen leider häufig zu einem scheinbar positiven Ergebnis, denn: Symptome eines Verhaltensproblems können schnell, aber eben nicht nachhaltig unterbunden werden. D. h. es entsteht der Eindruck eines schnellen Trainingserfolgs. Doch der Schein trügt. Mit solchen Methoden wird ein unerwünschtes Verhalten nur temporär unterdrückt. Das Problem an sich bleibt bestehen und wird sehr wahrscheinlich noch massiver oder es kommen noch andere Probleme hinzu.

Unserer Erfahrung nach übernehmen Menschen schnell Methoden, die ihnen im Fernsehen präsentiert und als gut befunden wurden. Deshalb appellieren auch wir an die Verantwortung der Macher solcher Sendungen, genauer zu prüfen, was auf Sendung geht.

Aber auch an alle Hundehalter geht der Appell, sich vor dem Besuch einer Hundeschule über deren Qualifikation zu informieren und darauf zu achten, dass dort auf jeden Fall mit positiver Verstärkung, nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und tierschutzkonform gearbeitet wird.

Unsere Hundeschule arbeitet selbstverständlich nach diesem Qualitätsstandard.

Aversives Training verursacht bei Hunden Angst und Misstrauen gegenüber dem Menschen – dabei lernen entspannte Tiere viel effektiver.


Ausführliche Stellungnahme vom Berufsverband der Hundeerzieher und Verhaltensberater e. V. und der Trainergruppierung “Trainieren statt Dominieren”:

Häufig kommt es vor, dass in unterschiedlichen Medien Menschen als Experten präsentiert werden, die mit veralteten Methoden oder Erklärungen Hundehalter verunsichern, zu unter Umständen gefährlichen Handlungen anleiten, oder dabei gar gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Allzu oft werden Ratschläge gegeben, die den Menschen zum „Rudelführer“ machen sollen, seinen Status gegenüber dem Hund erhöhen bzw. verhindern sollen, dass sich der Hund zum Chef „aufschwingt“.

Solche Sichtweisen beruhen auf einer Fehlinterpretation bei der Beobachtung von Wölfen, welche in Gehegen gehalten wurden und kein natürlich gewachsenes Rudel darstellten. Dort bildeten sich sehr starre Hierarchien und Dominanzbeziehungen aus, die mit starken Aggressionen etabliert und aufrechterhalten wurden.

Als Vergleich sei hier ein Blick auf die Sozialstruktur innerhalb von Gefängnissen empfohlen – niemand käme auf den Gedanken, nach Beobachtungen in einer Strafanstalt Rückschlüsse auf das Zusammenleben in einer Familie zu ziehen. Spätere Forschungen an freilebenden Wölfen zeigen ganz klar, dass diese eher in einem Familienverband leben, ganz ähnlich einer menschlichen Familie. Zudem darf man auch nicht vergessen, dass Hunde eben keine Wölfe sind und sich im Laufe ihrer Entwicklung in einigen Punkten stark von ihnen entfernt haben.

Natürlich gibt es sowohl in Familienverbänden von Wölfen als auch in Hundegruppen, die eher ein sehr lockeres Gruppengefüge haben, so etwas wie Führerschaft. Aber sie funktioniert eben eher wie in einer Familie und ergibt keine strikte Hierarchie. Es gibt also nicht DEN dominanten Hund, der alle anderen beherrscht. Dominanz ist keine Charaktereigenschaft, sondern beschreibt ein Verhältnis zwischen zwei Individuen in einer ganz bestimmten Situation. Dementsprechend muss auch kein Mensch seinem Hund seine Dominanz beweisen, indem er ihn zu Boden ringt. Denn sogenannte „Alpha-Rollen“ kommen in der Natur so überhaupt nicht vor. Als Mensch einen Hund auf diese Weise zu unterwerfen, ist unsinnig und bringt ihm lediglich bei, den Menschen in derartigen Situationen zu meiden oder gar, sich zu wehren, weil er für ihn unberechenbar ist.

Diffuse Tipps, man müsse sich nur durchsetzen, dem Hund seinen Rang zuweisen, ihn nicht zum Chef werden lassen, o.ä. gehen meist überhaupt nicht auf das eigentliche Problem ein und können dazu führen, dass unnötiger oder gar gefährlicher Druck angewendet wird. Oft scheint das ursprüngliche Ziel dadurch sogar erreicht. Aber letztlich wurde nur Verhalten unterdrückt und es besteht die Gefahr, dass im Laufe der Zeit immer mehr Druck benötigt wird, um das gleiche Ergebnis zu erreichen.

Oft genug jedoch kommt es dabei zu schlimmen Verletzungen durch den Hund, der sich aus Angst wehrt. Angst und Stress sind die häufigsten Ursachen für Aggressionsprobleme. Viel nachhaltiger lässt sich Respekt durch gegenseitige Akzeptanz und Vertrauen herstellen statt durch Gewalt.

Im Zuge von Aussagen, die sich auf Stellung, Rang, Führerschaft o.ä. beziehen, werden zusätzlich oft Hilfsmittel empfohlen oder angewendet, die schlicht verboten sind oder zumindest für das Training sehr unzweckmäßig. Auf die in Deutschland verbotenen Hilfsmittel wollen wir hier kurz eingehen:

Laut Tierschutzgesetz § 3 Nr. 11 sind Stromhalsbänder oder ähnliche Geräte verboten. Zusätzlich ist es gemäß § 3 Nr. 1b TierSchG verboten, an einem Tier im Training Maßnahmen, die mit erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind und die Leistungsfähigkeit beeinflussen können, anzuwenden. Dies beinhaltet also alle Hilfsmittel, die von ihrer Konstruktion her dazu gedacht sind, den Hund über Schmerzen zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen oder zu kontrollieren.

Das sind beispielsweise:

•    Stachelhalsbänder
•    Korallenhalsbänder
•    Erziehungsgeschirre mit Zugwirkung unter den Achselhöhlen
•    Würgeleine /Würgehalsband (Leine oder Halsband ohne Stopp, welche sich auf Zug zuzieht)

In verschiedenen Urteilsbegründungen und Kommentaren wird das Gesetz mittlerweile um die konkrete Nennung der Hilfsmittel ergänzt.

Derartige Instrumente oder Methoden publikumswirksam zu präsentieren, gar zu verharmlosen, kann bei Nachahmern gravierende Folgen für Hund und Halter nach sich ziehen. Als Informationsquelle für viele tausend Hundehalter kommt dem Fernsehen eine besondere Bedeutung zu. Daher liegt es in der Verantwortung der Macher von Sendungen, sich über die Methoden der von Ihnen ausgewählten Personen zu informieren und zu prüfen, ob diese mit unserem Gesetz in Einklang stehen und dem Allgemeinwissen der Berufssparte entsprechen.

Zeitgemäße Trainingsmethode: Beim Clickertraining wird mit positiver Verstärkung gearbeitet.