Der Hamburger Tierschutzverein nimmt Abschied von Alfi und appelliert an die Hamburger Politik, die Rasseliste abzuschaffen.

Alfi war anhänglich, er liebte Schnee und er war ein Feinschmecker – jetzt ist Alfi tot. Der 13-jährige Rüde starb als sogenannter Listenhund im Tierheim Süderstraße des Hamburger Tierschutzvereins von 1841 e.V. (HTV). Das Hamburgische Hundegesetz hat den American-Staffordshire-Terrier-Mischling als unwiderlegbar gefährlich eingestuft und es ihm dadurch verwehrt, in unserer Stadt ein Zuhause zu finden. Im Tierheim Süderstraße leben allein 29 Hunde der Kategorie 1 (Stand 20. Juli 2021). Der HTV appelliert in ihrem Namen dringend an Justizsenatorin Anna Gallina, die Rasseliste abzuschaffen.

Alfis Schicksal: Per Gesetz als unwiderlegbar gefährlich verurteilt

Alfi war ein treuer Begleiter, der Streicheleinheiten genoss. Er bestand den Wesenstest, durfte in Hamburg aber aufgrund seiner Rasse als American-Staffordshire-Terrier-Mischling nicht leben.
Im Schneegestöber mit seinem Bezugsgassiger Janosch Kleinschnittger: Alfi liebte den Schnee und genoss die liebevolle Fürsorge seiner Gassigeher, die ihm im Tierheimalltag etwas Abwechslung bieten konnten.

Viereinhalb Jahre lebte Alfi in der Obhut des Tierheim Süderstraße – der Hunde-Opi war für seinen Charme bekannt und genoss Streicheleinheiten. Im Winter tobte er im Schnee – warme Temperaturen waren nicht so sein Ding. Beim „Pitbull-Ballett“, einem Programm-Highlight der HTV-Tierheimfeste, zeigte er mit Tricks sein Können, übte fleißig mit seinen Bezugsgassigehern, die ihn über Jahre liebevoll in seinem Tierheimalltag begleiteten, und Alfi bestand im HTV den Wesenstest. Trotzdem bekam er nie die Chance, ein normales Hundeleben in Hamburg zu führen. Als American-Staffordshire-Terrier-Mischling gehörte Alfi zu den Hunden, die laut Hamburgischem Hundegesetz als unwiderlegbar gefährlich gelten und deren Haltung in Hamburg verboten ist. Nur unter sehr strengen Auflagen – die in der Praxis de facto nicht erfüllbar sind – hätte Alfi überhaupt in dieser Stadt leben dürfen. Nach dem Gesetz war er ein Listenhund der Kategorie 1, die American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier sowie deren Mischlinge umfasst. Hunde dieser Rassen müssen immer einen Maulkorb tragen und an kurzer Leine laufen – auch auf Freilaufflächen. Eine Befreiung von den strengen Auflagen gibt es nicht – ungeachtet eines bestandenen Wesenstests, bei dem Alfi zeigte, dass er mit stressigen Situationen souverän umgehen konnte. Auch im öffentlichen Nahverkehr sind Hunde wie Alfi unerwünscht: Die Hamburger Hochbahn hat das Mitführen von Hunden, die gesetzlich als gefährlich gelten, verboten. Und auch die Haltung der angeblich gefährlichen Hunde schlägt mit einer unverhältnismäßig hohen Steuer von 600 Euro jährlich zu Buche – für nicht gelistete Rassen sind es nur 90 Euro im Jahr.

Traurige Dauerinsassen im Tierheim

Alfi hatte nie die Chance, in Hamburg ein Zuhause zu finden. Er lebte viereinhalb Jahre im Tierheim Südertraße, bevor er starb.

„Wir sind unglaublich traurig, dass es Alfi nicht gegönnt war, ein eigenes Zuhause und eigene Menschen zu finden“, erläutert die 1. Vorsitzende des HTV Janet Bernhardt. Sie fährt fort: „Aufgrund des Gesetzes ist eine Vermittlung innerhalb Hamburgs für diese Hunde so gut wie ausgeschlossen. Unsere Listis bleiben teilweise Jahre, manche für immer bei uns im Tierheim und es kommen stetig neue dazu. Das ist keine Dauerlösung und für uns nicht nur frustrierend, sondern vor allem für die Hunde traurig.“ Wie es ohne Rasseliste geht, machen seit Jahren Bundesländer wie Schleswig-Holstein und Niedersachsen vor, die Hunde nur anhand ihres Verhaltens beurteilen. Janet Bernhardt bekräftigt: „Das Verhalten der Tiere hat nicht primär nur mit der Rasse zu tun, es wird vorrangig dadurch geprägt, wie verantwortungsbewusst Menschen mit ihren Tieren umgehen.” Mehrere Versuche, Alfi in andere Tierheime abzugeben, um seine Vermittlungschancen zu erhöhen, blieben leider erfolglos. Und auch Werbung für ihn – Alfi durfte sogar bei Fotoshootings im Tierheim modeln – haben ihm nicht helfen können. Vor einigen Wochen verletzte sich der Rüde dann unerwartet am Kreuzband des rechten Hinterlaufs. Zu allem Übel hatte er schon lange Zeit an den Vorderläufen mit hochgradigen Arthrosen zu tun und demzufolge Schmerzen, wogegen er fortlaufend erfolgreich behandelt wurde. Doch die Mehrfachbelastung wurde zu viel für seine Gelenke und eine OP am Kreuzband war aufgrund seines Alters und gesundheitlichen Zustands leider nicht mehr möglich. Trotz intensiver therapeutischer Bemühungen musste er schließlich erlöst werden. „Als Listenhund und dann noch älterer Herr war es für Alfi schwer, ein passendes Zuhause zu finden. Dabei war er freundlich und anhänglich“, bedauert Alfis HTV-Bezugstierpflegerin Constanze Stoll. Auch Alfis Bezugsgassigeher Janosch Kleinschnittger behält den Rüden nach jahrelanger Freundschaft in guter Erinnerung: „Alfi hat alle mit seinem Charme überzeugt und gern geschmust. Er war ein ruhiger Hund und souverän im Stadtverkehr. Leider konnte er sein Leben nicht als normaler Hund in Hamburg verbringen, aber immerhin darf er nach seinem Tod bei uns bleiben. Wir bewahren seine Asche zur Erinnerung auf.“

Für Alfi ist es zu spät – für andere Hunde noch nicht

„Wir bedauern sehr, dass Alfi nicht einmal mit bestandenem Wesenstest seine Verträglichkeit beweisen konnte, die ihm per Gesetz abgesprochen wurde“, macht die 2. HTV-Vorsitzende Dr. Gabriele Waniorek-Goerke deutlich. Sie ergänzt: „Wir fordern die Abschaffung der Rasseliste nach dem Vorbild wie etwa in Schleswig-Holstein; und sollte das Gesetz nicht geändert werden, appellieren wir an Frau Gallina, dass eine Adoption aus dem Tierschutz künftig als ‚besonderes Interesse‘ für die Haltung ausreichen muss. Andernfalls haben unsere Hunde auch in Zukunft kaum die Chance auf ein normales Hundeleben und bleiben hinter Gittern.“ Und es entstehen zusätzlich Kosten, die mit Steuergeldern von der Freien und Hansestadt Hamburg beglichen werden.

Der Hamburger Tierschutzverein fordert von Justizsenatorin Anna Gallina:

Hunde sollen in Hamburg nicht aufgrund ihrer Rasse, sondern aufgrund ihres Verhaltens beurteilt werden, wie dies in Bundesländern wie Schleswig-Holstein oder Niedersachsen seit Langem der Fall ist. Folgerichtig muss die Rasseliste abgeschafft werden!