Tierpflegerin Karin Weinhausen kümmert sich liebevoll um unsere Streunerkatzen.

Laut Schätzungen leben etwa 10.000 Streuner auf Hamburgs Straßen und etwa zwei Millionen in Deutschland. Diese Katzen fristen ein elendes Dasein auf der Straße und verwahrlosen. Die Lösung: die Katzenschutzverordnung mit Kastrations- und Registrierungspflicht für alle Freigängerkatzen in Hamburg. Bis Ende März prüft der Hamburger Senat diese Forderung - und führt dann hoffentlich eine Katzenschutzverordnung ein.

Wir haben mit der Tierpflegerin Karin Weinhausen gesprochen, die sich im Katzenhaus insbesondere um die Streunerkatzen kümmert.

Wie hat sich die Lage im Katzenhaus mit den Streunerkatzen in den letzten Jahren entwickelt?
Von der Anzahl her haben wir keine großen Unterschiede gemerkt, es kommen durchschnittlich ungefähr drei bis fünf Katzen pro Tag zu mir in die Station. Was ich allerdings feststelle ist, dass sich die Verletzungen bei den Katzen mehren. Ich kann mir nicht erklären, woran das liegt.

Wie geht ihr mit den Wilden im Vergleich zu anderen Fundkatzen um?
Oft werden die Streuner von unser hauptamtlichen Katzenretterin Monika Freytag und ihrem Team an den Plätzen eingefangen und dann zu uns gebracht. In diesem Fall werden sie dann bei uns untersucht, gechipt und kastriert und nach einem bis drei Tagen wieder zurück zu ihrem Platz gebracht. Wenn sie allerdings krank oder verletzt sind, dann bleiben sie natürlich so lange hier, bis sie wieder gesund sind oder die Verletzung ausgeheilt ist. Der Umgang mit den Wilden ist anders als bei anderen Katzen: Weil sie den Kontakt zu Menschen nicht gewohnt sind, sind wir hier besonders vorsichtig und ganz leise. Für sie ist es sowieso schon ein großer Stress, hier zu sein – da geben wir uns die größte Mühe, sie nicht noch zusätzlich zu stressen. Bei Jungtieren habe ich manchmal das Glück, dass ich sie anfassen kann, bei älteren Tieren klappt das aber fast nie.
 
Wo werden sie untergebracht?

Sie werden erst mal alleine untergebracht, wenn sie bei uns in Behandlung sind. Wenn sie danach nicht an ihren ursprünglichen Platz zurückkehren können, dann werden sie bei uns in einem Außengehege in einer Gruppe untergebracht. Dort leben sie dann, bis wir ein geeignetes Plätzchen für sie gefunden haben.

Und wie würde so ein geeignetes neues Zuhause aussehen?
Viele wilde Katzen haben ihr neues Zuhause schon auf Bauernhöfen oder in Reitschulen gefunden. Eben dort, wo sie viel Freigang haben und wo auch viele Mäuse sind. Wichtig ist auch, dass sie einen warmen Platz für den Winter haben – dass sie zum Beispiel im Stroh schlafen können oder auch in einer isolierten Hütte. Das ist wichtig, denn sie können nicht wie andere Katzen im Haus gehalten werden.

Hast du eine Erfolgsgeschichte, die dich besonders bewegt hat in der letzten Zeit?

Frankie-Boy brauchte dringend ein neues Zuhause, denn in unserer Streunergruppe ließ er sich von den anderen Katzen das Futter wegfressen und wurde ganz mager.
Die Vermittlung von Frankie-Boy hat mich sehr bewegt. Er war auch eine Straßenkatze und in Behandlung bei uns, war aber ganz lieb und sozial. Das war auch das Problem an ihm: Er konnte sich einfach nicht durchsetzen vor anderen Katzen und hat alles mit sich machen lassen. Er hat sich leider auch das ganze Futter vor der Nase wegfressen lassen als er hier war und ist innerhalb weniger Tage schon viel dünner geworden. Er wäre verhungert bei uns im Außenzwinger, deswegen mussten wir ihn alleine setzen. Er war seit Oktober 2020 hier und wurde erst kürzlich adoptiert. Jetzt lebt er bei einer Familie mit Haus, die inmitten von Feldern wohnen. Sie haben zwar noch eine andere Katze, passen aber sehr gut darauf auf, dass er genug isst. Bei uns wäre er sehr unglücklich geworden, so ganz ohne Freigang. Jetzt ist er glücklich und seine Familie ebenso.

Roter Kringel kam zwei Mal zu uns: Das erste Mal zur Kastration und das zweite Mal, weil sein Futterplatz aufgelöst wurde. So ergeht es leider vielen Streunern.

Auch die Geschichte von Roter Kringel ist total schön. Das war ein alter verwildeter Kater mit angeborener Schiefkopfhaltung. Er war zwei Mal bei uns. Das erste Mal kam er von einem Platz zu uns und war sehr abgemagert. Bei uns wurde er dann kastriert und ist wieder zurück gegangen an seinen Platz. Dieser wurde aber dann aufgelöst, also kam er wieder zu uns. Ich habe ihn dann vermittelt, das war total schön. Eine Frau hatte sich bereits durch seine Bilder im Internet in ihn verliebt, kam dann zu uns, lernte ihn kennen und war dann erst recht verliebt. Am nächsten Tag hat sie ihn schon mitgenommen. Nach zweieinhalb Wochen konnte sie ihn sogar anfassen. Solche Geschichten finde ich einfach toll! Gerade, wenn es alte oder komplizierte Tiere sind, die noch ein liebevolles Zuhause finden!

Wie können Außenstehende helfen?
Monika Freytag freut sich immer über Ehrenamtliche, die sich in unserer Streunerfuttergruppe engagieren. Wichtig ist es, dass die Leute auch wirklich zuverlässig sind, denn wir müssen uns darauf verlassen können, dass die Tiere auch wirklich und bei jedem Wetter gefüttert werden. Auch brauchen wir dringend Plätze, wo die Verwilderten leben können. Es wäre super, wenn Leute danach Ausschau halten würden – zum Beispiel nach Bauernhöfen oder Firmengeländen. Die Katzen sind an sich sehr pflegeleicht: Sie müssen nur regelmäßig gefüttert werden und brauchen einen trockenen, warmen Schlafplatz. Im Gegenzug dazu halten sie die Mäuse fern. In Hamburg gibt es genügend Firmen oder große Grundstücke! Ein Beispiel: Es gab einmal eine Firma, die Wohnmobile gebaut hat und zwei Katzen aufnehmen wollte. Als Unterschlupf haben sie ein Wohnmobil für die Katzen ausgebaut. Ganz klasse!
 
Warum muss es deiner Meinung nach eine Katzenschutzverordnung geben?
Nur mit einer Kastrationspflicht können wir es schaffen, die Population der Straßenkatzen auf Dauer in den Griff zu bekommen. Anders geht es nicht. Auch die Registration würde uns helfen, die vielen Fundtiere wieder zurückführen zu können. Oft habe ich das Gefühl, dass viele Besitzer gar nicht erst suchen und einfach denken „Na, dann ist meine Katze wohl weg“. Die Katzenschutzverordnung würde uns als Tierheim enorm entlasten und Katzenleid reduzieren.