Lieber keine Tierhaltungskennzeichnung, als eine, die ernsthaften und nachhaltigen Tierschutz in keinster Weise voranbringt: Unser Dachverband, der Deutsche Tierschutzbund (DTSchB) lehnt das heute von der Bundesregierung beschlossene Tierhaltungskennzeichen als "Etikettenschwindel" ab - im Folgenden der Kommentar des DTSchB-Präsidenten Thomas Schröder. 

„Der Gesetzentwurf ist eine Enttäuschung. Das Tierhaltungskennzeichen bildet lediglich den Status quo ab. Die Debatte um das Kennzeichen wird zwar suggestiv so geführt, als ginge es dabei um Tierschutz, doch der vorgelegte Gesetzentwurf bringt keinerlei substanziellen Fortschritt. In der Realität wird alles auf die
Verbraucher abgeschoben, die mit ihrem Einkauf das zu schwache Ordnungsrecht korrigieren sollen. Eine von der Bundesregierung gewollte Dynamik hin zu mehr Tierschutz ist nicht erkennbar, die Gesamtstrategie für eine gesellschaftlich akzeptierte Tierhaltung in der Landwirtschaft fehlt immer noch. Die Kriterien sind zu schwach, entscheidende Bereiche wie Transport und Schlachtung bleiben unangetastet und bisher bezieht sich alles auch nur auf die Haltung von Schweinen. Ob und wenn ja in welchem Zeitraum andere Tierarten berücksichtigt werden sollen, ist unklar. Zudem verweigert man mit beschönigenden Bezeichnungen den Verbrauchern die notwendige Transparenz: Die Haltungsform „Stall“ etwa suggeriert Bauernhofidylle, bedeutet für Schweine jedoch ein Leben auf Spaltenböden in engen, unstrukturierten Produktionsstätten – mit künstlichem Licht
und Luftzufuhr.

Ein solches Kennzeichen ignoriert den gesellschaftlichen Mehrheitswunsch, erschwert die Diskussion um ernsthaften und nachhaltigen Tierschutz und kann daher nur als Etikettenschwindel bezeichnet werden. Wir brauchen ein Kennzeichen, das Dynamik in das tierschutzwidrige System bringt, mit einem klaren Ziel: weniger Konsum, weniger Produktion und mehr Tierschutz. Die Haltungsform „Stall“ muss mit einem Ablaufdatum versehen werden, damit die Transformation der deutschen Landwirtschaft hin zu einem Mehr an Tierschutz gelingen kann. Dafür benötigen wir das Schließen der Lücken und die Anhebung des Ordnungsrechts ebenso wie eine zielführende Förderpolitik und Belohnungen für alle, die beim Tierschutz vorangehen.

Der Deutsche Tierschutzbund appelliert an die Fraktionen, im weiteren Gesetzgebungsverfahren aus dem aktuellen Entwurf ein Kennzeichen zu machen, das tatsächlich mehr Tierschutz bringt. Wenn dies nicht gelingt wäre es aus unserer Sicht besser, den Prozess zu stoppen: Lieber gar kein Kennzeichen, als eines, das den Weg
zu mehr Tierschutz extrem belastet. Noch ein Wort zur vom Bundeslandwirtschaftsminister durchgesetzten Zustimmung der FDP, dass die – bei Weitem nicht ausreichende - Finanzspritze von einer Milliarde Euro für mehr Tierschutz im Stall nicht alleine für Umbau-, sondern auch für konsumtive Ausgaben verwendet werden kann: So schön dieser erweiterte Spielraum klingt, so muss dennoch konstatiert werden, dass es sich hierbei lediglich um eine Variante des Spiels „linke Tasche, rechte Tasche“ handelt – ohne einen einzigen Cent mehr für Tierschutz. Die Fördersummen müssen erheblich erhöht werden, verbunden mit einem klaren Ziel als Planungssicherheit, sonst wird eine Transformation nie gelingen. Der freie Markt wird es nicht alleine schaffen.“