Eichhörnchenjunge sind die häufigsten Findelkinder in der Wildtierstation des HTV.

Pressemitteilung vom 03. Mai 2022

Der Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. (HTV) bittet eindringlich darum, hilfebedürftig wirkende Jungtiere nicht voreilig einzusammeln und im Tierheim Süderstraße abzugeben, denn die Aufzuchtstation ist bald überfüllt. Die Hamburgerinnen und Hamburger sollen erst abwarten, ob sich die Eltern der Jungtiere doch noch zeigen!

Zum Beispiel hüpfen Vögel derzeit oftmals am Boden herum, weil sie noch nicht gut fliegen können. Tauchen die Eltern auf, sollten Menschen sich rasch entfernen und später nochmal nachschauen, ob das Tier versorgt wurde. Wer unsicher ist, ob ein Wildtier wirklich hilfebedürftig ist, kann sich während der Öffnungszeiten des Tierheims unter 040-21 11 06-0 beraten lassen. Sollte ein Jungtier jedoch offensichtlich schwer verletzt sein, muss es schnellstmöglich in den HTV gebracht werden – ist das nicht möglich, kann der HTV-Notruf 040-22 22 77 gewählt werden. Wurde das Tier außerhalb Hamburgs gefunden, müssen sich die Finderinnen und Finder an die dortigen Behörden oder den örtlichen Tierschutz wenden.

Janet Bernhardt, die 1. Vorsitzende des HTV, ist alarmiert: „Jedes Jahr erleben wir die gleiche Situation: Im frühen Sommer, meist im Juni, erreicht unsere Wildtierstation ihr Kapazitätsmaximum, wodurch unsere Wildtierpflegerinnen und -pfleger an die Grenzen ihrer Belastbarkeit kommen und im nächsten Schritt das Überleben der Jungtiere gefährdet sein könnte.“  Ein Aufnahmestopp als Ultima Ratio stünde dann bevor. Daher versucht der HTV jetzt, die Leute zu sensibilisieren, Jungtiere nicht vorschnell einzusammeln. Darüber hinaus sollen so viele Jungtiere wie möglich in geprüfte Pflegestelle gegeben werden. „Auch ich habe, wie jedes Jahr, wieder Jungtiere zuhause, die ich mit Unterstützung großziehe und auf die Wildnis vorbereite“, fügt die 1. Vorsitzende hinzu.

Der Nachwuchs von Wildtieren in Städten wird häufig irrtümlich als hilfebedürftig eingeschätzt. Noch ungeschickte Kaninchen- und Eichhörnchenkinder verlassen ihren Bau oder Kobel, sobald sich ihr Fell ausgebildet hat. Ihre Mütter sind derweil auf Nahrungssuche oder haben sich in der Nähe vor dem Menschen versteckt. Die Küken der Singvögel wie Amseln, Krähen und Elstern starten mit ausgebildetem Federkleid ihre ersten Flugversuche in Bodennähe. Dabei lassen die Eltern ihren Nachwuchs aber keinesfalls aus den Augen und versorgen ihn auch weiterhin mit Futter – wenn der Mensch sie nicht durch seine furchteinflößende Anwesenheit davon abhält.

Wann braucht ein Jungtier Hilfe?

Dieses Küken ist eine Stadttaube und damit ein verwildertes Haustier.
Ein verwaister Feldhase wird mit spezieller Ersatzmilch gefüttert.

Um herauszufinden, ob ein Jungtier verwaist ist, muss es (je nach Art und Alter) bis zu einige Stunden aus der Entfernung unauffällig beobachtet werden. In der Regel findet das Junge wieder zur Mutter – oder umgekehrt. „Wir schätzen, dass mehr als die Hälfte der zu uns gebrachten Jungtiere keine menschliche Hilfe benötigten, sondern von ihren ungesehenen Elterntieren weiter versorgt worden wären“, erläutert Janet Bernhardt. Schon befiederte Jungvögel, die noch nicht richtig fliegen können und am Straßenrand herumhüpfen, darf man zudem vorsichtig an einen sicheren Ort, wie ein abseits der Straße gelegenes Gebüsch, umsetzen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Jungvogel in direkter Nähe zum Fundort bleibt. „Vögel können schlecht riechen, sodass sie den menschlichen Geruch am Nachwuchs gar nicht wahrnehmen und diesen schon daher nicht verstoßen“, erklärt Bernhardt. Sie führt aus: „Wenn die Küken allerdings noch nackt sind, muss unbedingt das richtige schützende Nest gefunden werden, in welches sie behutsam zurückzusetzen sind. Wenn dieses nicht vom Boden aus zu erreichen ist, darf natürlich nicht die eigene Sicherheit vergessen werden.“ Auch bei den Säugetieren, die sich dem städtischen Lebensraum angepasst haben, ist der menschliche Geruch für die Elterntiere kein Grund sich von ihrem Nachwuchs abzuwenden. „Selbst Rehkitze oder Hasen, besonders oft voreilig eingesammelt, da sie von ihren Eltern ohne eine schützende Unterkunft abgelegt werden, können sogar noch bis zu 48 Stunden nach Inobhutnahme an den Fundort zurückgebracht werden.“

Wir ziehen Wildtierwaisen fachkundig auf.
Doch nicht jedes zu uns gebrachte Jungtier ist wirklich hilfebedürftig.

Vor dem Eingreifen fachkundigen Rat einholen

Ist ein Jungtier eindeutig verwaist oder in einer medizinischen Notlage, ist rasche Hilfe natürlich notwendig und richtig. Allerdings sollten sich keinesfalls Laien daran versuchen, ein Tierkind aufzupäppeln oder ein offensichtlich krankes oder verletztes Tier zu pflegen. In der Wildtierstation im Tierheim Süderstraße kümmern sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des HTV rund um die Uhr um verletzte und verwaiste Wildtiere. Sie ziehen die Tiere fachkundig auf und sorgen für eine erfolgreiche Auswilderung. Um auch in Krisenzeiten eine lebensrettende Tierkinderstube zu bieten, wird das Personal saisonal für die Wildtieraufzucht aufgestockt. Damit liegt die Zahl der Beschäftigten dieses Bereichs deutlich höher als im Winter. Dabei finden die HTV-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Unterstützung von ehrenamtlichen Ersatzeltern.

In der Wildtieraufzuchtstation des Hamburger Tierschutzvereins werden aktuell 64 junge Wildtiere liebevoll und versiert großgezogen, darunter 14 Singvögel, 25 Eichhörnchen und vier Wildkaninchen (Stand: 03.05.2022). Viele weitere Tiere befinden sich in Pflegestellen des Vereins. Der HTV erwartet, dass die Zahl in Hochzeiten wieder auf die doppelte Höhe anwächst – daher möchte der HTV frühzeitig intervenieren.
Die Wildtiere werden, wenn sie alt genug und selbstständig sind, wieder ausgewildert – oft in Kooperation mit dem Wildtier- und Artenschutzzentrum gGmbH. Zudem befinden sich 19 Stadttauben, verwilderte Haustiere, zur Handaufzucht im HTV: Diese standorttreuen Tiere ziehen, sobald sie flügge sind, in unseren Taubenhort auf dem Tierheimgelände. Für diese Arbeit erhält der Verein kein Geld aus öffentlicher Hand, er ist daher dringend auf Spenden angewiesen.

Spendenkonto bei der GLS Gemeinschaftsbank e.G.
IBAN: DE15 4306 0967 2075 7633 00
BIC: GENODEM1GLS
Betreff: Wildtierrettung