Wolli

Moin aus Schleswig-Holstein nach Hamburg,

"Wolfgang" möchte berichten, wie es ihm in seinem neuen Zuhause bisher ergangen ist: Ich heiße jetzt Wolli. Stellt Euch vor, ich schnüffel auf der grünen Wiese, werde zurückgerufen und es drehen sich nur Männer namens Wolfgang um. Am Rückruf müssen wir noch arbeiten. ;-)

In den ersten Wochen habe ich mir die größte Mühe gegeben, sofort zu klären, wer hier das Sagen hat. Ich habe markiert, habe die Katzen gejagt, meine Zweibeiner angeknurrt, wenn sie nicht so wollten wie ich, dann auch geschnappt, wie verrückt an der Leine gezogen, andere Rüden mächtig angepöbelt und meinen neuen Namen erst mal ignoriert. "Sitz" ist was für Hunde, aber auf gar keinen Fall für einen Wolli.

Immer wenn ich aus Menschensicht unerwünschtes Verhalten gezeigt habe, wurde ich ignoriert. Da konnte ich noch so knurren, jaulen und bellen – es geschah rein gar nichts. Habe ich mich jedoch dazu herabgelassen, Kommandos (trotz meiner extrem kurzen Zündschnur) zu erlernen, gab es Lob, Streicheleinheiten und Leckerlis. In meinem Dickschädel fand, so ganz langsam aber sicher, ein Umdenken statt. An alle anderen "großen Hunde-Macker da draußen": Es lohnt sich!

Nun muss man wissen, ich stamme höchstwahrscheinlich aus Bosnien und habe die Reisekrankheit Babesiose. Ich bin ein Fundhund. Wahrscheinlich hat sich niemand so wirklich mit mir beschäftigt, ich musste erst lernen eine Beziehung zum Menschen aufzubauen. Das ist hier ganz einfach und macht uns allen riesigen Spaß. Meine Angst vor Spielzeug, Schlüsselbunden, Hundeleberwursttuben und anderen herumliegenden Gegenständen, werde ich sicherlich auch noch verlieren. Ich jage keine Fahrräder und Autos mit Anhänger mehr, bei Motorrädern und Rollern ist sicherlich noch Luft nach oben. An anderen Hunden gehe ich mittlerweile ruhig vorbei, kann auch mal "ordentlich" an der Leine laufen und habe unlängst meinen ersten Tierarztbesuch ohne Maulkorb geschafft. Mein größter Erfolg ist sicherlich, dass ich gelernt habe, mit den hier lebenden Katzen respektvoll umzugehen. Wie das alles funktioniert, hat Frauchen in der Hundeschule gelernt. Auch bei ihr ist noch Luft nach oben. ;-)

Aus Sicht der Menschen:

Wir haben bereits zwei Welpen gleichzeitig erzogen, hatten bei Wollis Einzug jedoch das Gefühl, nie einen Hund gehabt zu haben. Alles war anders. Wir waren etwas verzweifelt und hilflos. Hilfe kam durch das Tierheim, Lektüre über Hundeverhalten und die Hundeschule. Struktur, Absprache, Geduld und viel Zeit ermöglichen uns mittlerweile, einen veränderten, aber durchaus stressfreien Alltag für Zwei-und Vierbeiner zu leben.

Wir hatten uns um eine andere Hündin beworben und wollten eigentlich keinen Rüden, keinen Hund mit Reisekrankheit aus dem Ausland, keinen Hund, der nicht stubenrein ist. Eigentlich ... ;-)

Im Grunde genommen, hat sich letztes Jahr im Dezember das wiederholt, was wir vor gut 17 Jahren bereits im Tierheim Süderstraße erlebt haben: Wir hatten in der Zeitschrift " Ich und Du" einen älteren, roten Kater entdeckt, den wir gerne adoptieren wollten. Wir haben auf Empfehlung der Tierheimmitarbeiterin, den Rückweg mit zwei getigerten Katzenwelpen angetreten. Alfred und Else genießen heute ihren Lebendsabend, mit Wolli, bei uns.

Auch der Wolli war eine Empfehlung eines Tierheimmitarbeiters. Was vor 17 Jahren richtig ausgesucht war, kann heute definitiv nicht falsch sein. Ist es auch nicht. Wenn man sieht, wie viel Spaß der Wolli hat, neues zu lernen, auf Baumstämmen zu balancieren, Kommandos auf Gartenmauern durchzuführen, um Bäume herumzulaufen, ausgiebig zu suchen, sich im Garten zu wälzen und einfach nur Hund sein zu dürfen, dann ist es sehr schade, dass sich die letzten Jahre niemand mit ihm beschäftigt hat.

Wir werden wahrscheinlich nie "einen Hund" haben, sondern immer einen Wolli. Immer eine kleine Herausforderung, eine Aufgabe, die zu uns passt. ;-)

Viele Grüße!