Joshy
Hallo Frau David*, hallo Frau Gulla**, liebes Tierheim-Team!
Hier nun ein erster Bericht vom kleinen Rumänen Elisey der Ende September kurzfristig als "13. Hund" aus Rumänien ausreisen durfte. Sie würden diesen kleinen Racker – der bei mir nun „Joshy" heißt – schon jetzt nicht wiedererkennen!
Als ich am 19. September auf Ihrer Homepage las, dass wieder ein Rumänientransport geplant sei, schaute ich auch kurz auf die Internetseite von ProDogRomania und sah dort eher zufällig den Steckbrief von Elisey: ein Hund, der sich aufgegeben habe, nur noch in der Hütte die Wand anstarren würde und vor allem und jedem Angst habe. Man suche Menschen (und Hunde), die den Angstkreis des kleinen Elisey durchbrechen könnten. Mein sofortiger Gedanke war: wieder eine kleine Seele, die den Aufenthalt im Tierheim in Rumänien nicht verkraftet. Die Bedingungen für die Hunde in Rumänien kann ich leider nicht beeinflussen, aber vielleicht das Leben dieses einzelnen Hundes. So nahm ich telefonisch Kontakt mit dem HTV auf - ich habe bereits zwei Hunde vom HTV - und Frau David sagte nach kurzem Gespräch ihre sofortige Hilfe zu. An dieser Stelle nochmals riesigen Dank an Frau David, Frau Gulla und an die rumänischen Tierschützer in Bucov, die so spontan gehandelt haben!!!
Laut der rumänischen Tierschützer soll sich der kleine Hund im Handling garstig gezeigt haben, mit Tendenz zum Angstbeißen. So wurde der kleine Mann bei seiner Ankunft vorsichtshalber mit Beißhandschuhen empfangen und beim Handling im Tierheim im Zweifelsfall mit Maulkorb gesichert. Nach der Quarantäne mit tierärztlicher Untersuchung, Impfungen etc. war es dann endlich soweit: Ich reiste mit meinen drei Hunden an, um im Tierheim den Kleinen kennenzulernen und die Zusammenführung mit meinen Hunden durchzuführen. Denn meine Hunde würden natürlich "das letzte Wort" haben... So lernte ich Elisey am 4. Oktober im Tierheim kennen, wo er sich erwartungsgemäß als überaus ängstlich und scheu zeigte, mit Menschen nicht viel zu tun haben wollte und auch kein Interesse hatte, meine Hunde kennenzulernen. Auch meine Hunde hielten sich merklich zurück, als der kleine Kerl sich im Auslauf ängstlich an die Hauswand presste und bei erster Gelegenheit in der Hütte verschwand.
Da offensichtlich weder mein eigener Rüde noch meine Hündinnen Aversionen gegen Joshy hatten, war es schnell beschlossene Sache: der Kleine würde sofort mit mir nach Hause reisen! Nach problemloser Heimfahrt erhielt der kleine Elisey (ab jetzt „Joshy“) zu Hause eine dünne Hausleine an sein Sicherheitsgeschirr – ich wollte den Hund bei erforderlichem Dirigieren so wenig wie möglich bedrängen, nicht anfassen und dadurch noch weiter ängstigen. Im Garten konnten sich alle Hunde nochmals beschnuppern und von der Heimreise erholen. Kleine Spielchen mit meinen Hunden vermittelten eine lockere Atmosphäre, denn Ball- und Futtersuchspiele gehen immer (und führen bei meinen Hunden nicht zu Streitigkeiten...)! Joshy sollte meine Hunde gleich als "Verbindung" zu mir erleben. Und "zufällig" flogen immer wieder einige Futterbrocken in Richtung Joshy, der Deckung in den Büschen genommen hatte, sich aber eifrig am Futter bediente!
Zu meinem großen Schrecken zog sich Joshy dann noch im Garten sein Sicherheitsgeschirr aus! Es dämmerte bereits, und der völlig fremde, zudem ängstliche Hund lief nun "nackt" in meinem Garten herum! Mit viel Ruhe gelang es jedoch, ihm eine Leine um den Hals zu legen, sodass ich ihn fassen und ins Haus tragen konnte. Im Haus bewegte sich Joshy zu meiner großen Überraschung dann sehr selbstbewusst, ignorierte meine Katzen völlig und suchte sich gleich eines der Hundebetten aus. Nach einer gierig verputzten Mahlzeit kehrte schnell Ruhe ein. Auch am nächsten Tag ließ ich Joshy noch völlig in Ruhe, verzichtete auf Streicheleinheiten oder ähnliches. Nur wenn ich ihn anfassen musste, weil er sich im Geschirr oder mit der Leine vertüdelt hatte, massierte ich kurz seine Rückenpartie – dieses genoss er und entspannte sich deutlich! Am zweiten Tag nach der Ankunft wurde ich dann schon bei jeder Gelegenheit angewedelt und begrüßt, am dritten Tag lief Joshy schon herbei, um sich vorsichtig streicheln zu lassen! Eine wunderbare Überraschung!
Da das Sicherheitsgeschirr zu groß war, wagte ich erst am vierten Tag einen Spaziergang außerhalb des Grundstücks. Es hatte sich bereits mit der Hausleine gezeigt, dass Joshy wohl noch nie an einer Leine geführt worden war. So gestaltete sich der erste Spaziergang auch sehr schwierig, da sich für Joshy einfach nicht der Sinn erschloss, neben einem Menschen an einer Leine zu laufen. Nach mehreren hundert Metern kehrte ich zum Auto zurück – es sollte für den ersten Tag an der Leine genug sein. Am nächsten Tag lief es schon wesentlich besser und ab dem darauffolgenden Tag ging Joshy an der Leine, als hätte er nie etwas anderes getan! Der kleine Kerl lernt unglaublich schnell und kann mit seiner Lebenserfahrung viele Situationen sofort einschätzen. Ist im ersten Moment noch immer Angst dabei, so beruhigt er sich schnell und lernt sofort, sodass die gleiche Situation beim zweiten Mal kein Problem mehr ist! So haben wir schon die ersten kurzen Wanderungen mit Bravour gemeistert, Joshy natürlich immer mit doppelter Leine gesichert, und sind in Gegenden spazieren gegangen, wo Ablenkung durch fremde Hunde, Menschen oder Straßenverkehr vermieden werden konnten. Zwischenzeitlich haben wir aber auch schon Gänge im Stadtverkehr gemacht, die zeigten, dass Joshy auch hiermit vertraut ist.
Da Joshy sich mit dem Stadtleben wie auch mit dem in einem Haushalt sehr vertraut zeigt, bin ich davon überzeugt, dass der Kleine sicher die ersten Lebensjahre in einem Haushalt verbracht hat, in dem er auch verwöhnt wurde. Er springt unaufgefordert auf Bett und Couch, kennt die Haushaltsgeräusche einschließlich Staubsauger und zeigt sich im Haus sicherer, als außerhalb. Vermutlich ist Joshy irgendwann, aus welchen Gründen auch immer, auf der Straße gelandet und musste sich dort durchschlagen – das erklärt seine anfängliche große Scheu vor Menschen. In wenigen Tagen nach seinem Einzug bei mir hat sich das kleine Angstbündel zu einem "wahren Sonnenschein“ verwandelt. Mittlerweile zeigt er sich fröhlich, keck und vorwitzig, fast wie ein unerzogener kleiner Schoßhund – aber unglaublich liebenswürdig. Wie gesagt: Sie würden den Kleinen nicht wiedererkennen! Zu keinem Zeitpunkt hat Joshy die Zähne oder sonstiges Abwehrverhalten gezeigt, auch nicht bei seinem ersten Schaumbad.
Auch wenn ich schon mehrfach Tiere aus dem Tierschutz übernommen habe, bin ich immer wieder erstaunt, wie sehr sich die Tiere zum Positiven verwandeln! Sie leben im Hier und Jetzt und denken nicht mehr an die oft unschöne Vergangenheit. Daran sollten wir Menschen uns immer wieder ein Beispiel nehmen! Ich will aber gern einräumen, dass meine exzellenten „Hundeflüsterer-Eigenschaften" nur einen kleinen Teil zur Entwicklung beigetragen haben, den größten Anteil haben meine Hunde mit ihrer ruhigen Energie, die sicherlich entscheidenden Einfluss auf Joshy haben. Ein Hund lernt am besten durch einen Hund!
Fazit: Die Entscheidung "aus dem Bauch heraus", kurzfristig Kontakt mit Ihnen aufzunehmen und Sie zu bitten, den kleinen Elisey zusätzlich mitzubringen, war goldrichtig. Ich bedanke mich sehr herzlich bei Ihnen und allen, die seine Reise ermöglicht haben! Und ich danke all denen, die sich hier und in Rumänien mit aller Kraft für die Hunde und der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen einsetzen! Die Hunde danken es tausendfach - und ich bin glücklich, ein weiteres Goldstück mit tollen Eigenschaften bei mir zu haben!
Herzliche Grüße
Imke B. mit Joshy & den anderen Tieren
*Susanne David ist die HTV-Tierheimleiterin **Sandra Gulla ist die 1. Vorsitzende des HTV