Bobbi

Liebes Hamburger Tierheim,

jetzt möchte ich Ihnen von Roberta, die inzwischen Bobbi-Gritli heißt, berichten, die nun seit einem halben Jahr bei mir lebt. Wie sie sich entwickelt hat, ist einfach erstaunlich.

Bobbi kam völlig traumatisiert zur mir. Ich vermute, dass sie ausgesetzt worden und von einem Hund angegriffen worden war. Eine Freigängerin war sie auf gar keinen Fall. Wenn zu Anfang die Balkontür offen war und sie Hunde auf der Straße bellen hörte, geriet sie in Panik.

Die ersten Tage verbrachte sie nur im Tragekorb und später unterm Sofa. Sah sie meine Hand, fauchte sie. Die erste Woche verließ sie das Wohnzimmer überhaupt nicht. Wenn sie sich einmal traute, herumzulaufen, war es nur geduckt und zwischen Heizung und Couchtisch. Nach zwei Monaten begann ich ihr Bachblüten zu geben – und da blühte Bobbi auf. Sie wurde mutig und lief durch die Wohnung, jedoch immer noch bereit zur Flucht.

Nach knapp drei Monaten begann sie plötzlich um mich herum zu wuseln. Plötzlich eines morgens strich sie an meinem Bein entlang, berührte es und hörte gar nicht mehr auf. Ich konnte ihr anfänglich kurz über Schwanz und Rücken streichen, jedoch nicht an den Seiten, da geriet sie in Panik. Es muss sie daran erinnert haben, gepackt zu werden. Sie wurde langsam zutraulicher. Nach und nach konnte ich sie immer mehr streicheln. Aus sicherer Entfernung erschnupperte sie mich und flehmte dann, wohl um festzustellen, ob ihr mein Geruch zusagte. Nach einigen Wochen begann sie, sich auf das Sofa zu legen, erst ganz kurz, dann immer länger. Sie hielt großen Abstand zu mir, wenn ich auch auf dem Sofa saß, aber sie ging nicht mehr herunter.

Da Bobbi-Gritli nun auch nierenkrank ist und unglaublich lange, spitze Krallen hatte, beschloss ich, mit ihr zur Tierärztin zu gehen. Das war ein Drama! Ich brauchte drei Anläufe, da es trotz Beruhigungstablette fast nicht möglich war, sie einzufangen. Beim dritten Versuch hatte sie eine ganze Beruhigungstablette bekommen, da eine halbe beim zweiten Versuch nichts gebracht hatte. Es ging über Tische und Bänke, das Zimmer wurde immer leerer, da ich alles ausräumen musste, damit sie sich nicht hinter oder drunter verstecken konnte. Bobbi floh trotz Pille – die ganze Wirkung war in Null-Komma-Nichts wie weggeblasen. Erst als sie verzweifelt am Bücherregal hing, wo sie weder hoch noch runter kam, konnte ich sie mit einer Decke packen. Und wie sie sich wehrte, sie war wie ein Wildtier. Mit Mühe konnte ich sie in den Tragekorb stecken, von dem ich glaubte, dass sie ihn gleich zerlegt. Bei der Tierärztin wurde sie sofort in Narkose gelegt, damit sie gar nicht erst merkte, dass sie dort war. Bei Ihnen im Tierheim war sie in den sieben Monaten neunmal bei Ihren Tierärzt*innen vorstellig geworden (4 Operationen, 3 Blutabnahmen, 2 Impfungen). Auch das war ein Trauma für sie.

Wie würde Bobbi reagieren, wenn sie wieder zuhause war? Werkeinstellung? Müssten wir wieder von vorne beginnen? Aber am Abend spielte sie bereits wieder, wenn auch wackelig auf den Beinen, am nächsten Morgen kam sie zu mir ins Schlafzimmer und gab Köpfchen!

Zwei Tage nach dem Tierarztbesuch kam Bobbi-Gritli zum ersten Mal zu mir aufs Sofa und kuschelte! Und seitdem kuscheln wir gemeinsam auf dem Sofa. Inzwischen fordert sie regelrecht ihre Kuscheleinheiten. Nur gestreichelt zu werden, reicht ihr nicht mehr. Ich glaube, dass sie ausgesetzt worden war und Angst hatte, wieder ihr Zuhause zu verlieren, weshalb sie sich so wild gebärdete, als ich sie einfangen wollte. Und nun weiß sie, dass sie ein Zuhause hat, und wieder nach Hause gekommen ist. Jetzt ist alles gut.

Morgens kommt sie sofort zu mir ins Schlafzimmer gerannt, sobald sie den Wecker oder mich aufstehen hört. Dann wirft sie sich auf den Boden, dreht und wendet sich, schnurrt (auch das musste sie erst wieder lernen), lässt sich den Bauch kraulen (!) – und gibt Küsschen. Wenn ich am Schreibtisch sitze, kommt sie hin und wieder an, reckt sich an mir hoch oder legt sich neben mich.

Das ist also Ihre Roberta, von der Sie glaubten, dass sie nie zutraulich werden und sich vielleicht nie anfassen lassen würde.

Manchmal ist Bobbi noch in Panik, und ich kann nicht erkennen, warum. Plötzlich faucht sie, ist unsichtbar oder ihr Schwanz ist zur Bürste mutiert – wir müssen also noch einiges lernen. Aber im Großen und Ganzen ist Bobbi-Gritli eine fröhliche, verspielte Katze.

Alles Gute für Sie und Ihre Tiere.

Freundliche Grüße
Marina & Bobbi