Schon der Zustand des Grundstücks zeigt, in welchen katastrophalen Verhältnissen Mensch und Tier gelebt haben.

Ein Haus in Großhansdorf wurde zum Schauplatz elender Verwahrlosung von Mensch und Tier: Ungefähr 150 verwahrloste Katzen wurden aus einem völlig vermüllten Haus gerettet. Auch unsere Tierschutzberatung begleitete die Räumung und wir nahmen 13 Geschöpfe in unsere Obhut.

Als unsere Tierschutzberaterin Sina Hanke am letzten Donnerstag gegen 16 Uhr von ihrem Einsatz zurückkehrte, hatte sie 13 Boxen mit zum Teil stark mit Kot verdreckten, verängstigten und verletzten Katzen dabei. Die Tiere stammen aus dem Animal-Hoarding-Haushalt einer Mutter und ihrer erwachsenen Tochter in Großhansdorf. Animal Hoarding kann mit Tiersammel-Sucht oder Tierhorten übersetzt werden. Es beschreibt ein Krankheitsbild, bei dem Menschen Tiere in einer großen Anzahl halten, sie aber nicht mehr angemessen versorgen. Es fehlt an Futter, Wasser, Hygiene, Pflege und tierärztlicher Betreuung. Die Halter erkennen nicht, dass es den Tieren in ihrer Obhut schlecht geht. Der Deutsche Tierschutzbund informiert mit einer Broschüre darüber, wie man das krankhafte Sammeln von Tieren erkennt und Mensch und Tier helfen kann.

In dem Haushalt der Frauen in Großhansdorf hatten sich Katzen über Jahre unkontrolliert vermehrt und waren nur unzureichend versorgt worden. Die Samtpfoten wurden sofort in unserer tierheimeigenen Praxis untersucht – unsere Tierärztin Larissa Hofmann gab schließlich Entwarnung: „Die Tiere sind sehr mager, haben zum Teil Schnupfen und Flöhe, einige weisen Verletzungen auf. Es geht ihnen aber den Umständen entsprechend gut.“ Insgesamt wurden bei der Räumung, die bereits am Vortag begann, 150 Katzen eingefangen und von verschiedenen Tierschutzvereinen aufgenommen. Neben dem zuständigen Veterinäramt Kreis Stormarn und uns waren an der Rettungsaktion auch die Tierschutzvereine Großhansdorf, Henstedt-Ulzburg, Neumünster, Mölln, Bad Oldesloe und Bad Segeberg sowie der Verein Straßentiger Nord beteiligt und nahmen entsprechend ihrer Kapazitäten Tiere auf.

Unsere Tierschutzberatung brachte 13 geschundene Katzen zu uns ins Tierheim.
Das Schlimmste ist überstanden: Auch Balin befindet sich nun in unserer sicheren Obhut.
Bilbo hat eine große Wunde, die wir nun gut versorgen.

Was war passiert?

Am Mittwoch, den 14. August, ereilte unsere Tierschutzberatung ein Notruf vom Veterinäramt Kreis Stormarn mit der Bitte um Unterstützung in einem Katzen-Animal-Hoarding-Fall. Anwohner hatten sich über das vermüllte Grundstück an der Sieker Landstraße und über circa 20 streunende Katzen dort beschwert. Vor Ort dann ein Bild des Grauens: Bei der Kontrolle durch das Ordnungsamt und die Amtstierärztin wurde schnell klar, das Elend hatte bereits ein viel größeres Ausmaß angenommen als befürchtet. In dem Notruf, der den HTV ereilt hatte, war sogar zunächst von 200 bis 300 Katzen die Rede gewesen!

Bevor die Rettungsaktion für die Tiere beginnen konnte, musste die Feuerwehr zunächst prüfen, ob das Haus überhaupt betretbar war – es war übersäht mit Fäkalien, eine Räumung war ohne Masken und Schutzanzüge nicht möglich. Das Gebäude wurde freigeben, allerdings nicht der Keller, in dem aufgrund einer zentimeterhohen Fäkalienschicht Sauerstoffmangel herrschte. Auch dort befanden sich Tiere. Zudem wurden sowohl im Haus als auch im Garten diverse Katzenkadaver gefunden. Die Tierhalterinnen, 50 und 70 Jahre alt, gaben gegenüber Mitarbeitern vom Ordnungs- und Veterinäramt allerdings an, sie würden nur fünf Katzen halten. Die Frauen wurden vom Sozialpsychiatrischen Dienst begutachtet. Dieser kam zu dem Schluss, dass sie keine Gefahr für sich selbst oder für andere darstellen und daher auch keiner Betreuung bedürfen würden. Ein weiteres Grundstück der Frauen wurde am selben Tag durch das zuständige Ordnungsamt kontrolliert, vor Ort wurden aber keine Tiere gefunden.

Der Rettungseinsatz dauerte bis zum Einbruch der Dunkelheit – es konnten bereits um die 100 Tiere gerettet werden. Unsere Tierschutzberaterin Sina Hanke und unsere Leiterin der Hundeschule, Vera Düwer, begleiteten die Aktion.

Zahlreiche Tierschutzvereine unterstützten die Rettungsaktion.
Die Helferinnen und Helfer mussten sich einen Weg durch die Müllberge bahnen.
Für dieses Kätzchen kam leider jede Hilfe zu spät.

Wie ging es weiter?

Am darauffolgenden Tag (Donnerstag, den 15. August) sollte morgens die Befreiung der Tiere weitergehen. Die Kolleginnen aus dem Tierschutzverein Großhansdorf, die Amtstierärztin und eine Mitarbeiterin des Ordnungsamts fanden die Haustür jedoch unerwarteter Weise verschlossen vor. Die Halterinnen waren in der Nacht zurückgekehrt. Nachbarn hatten die Frauen nachts mit Taschenlampen über das Grundstück laufen sehen und beobachteten, wie sie sich wieder Zutritt zum Haus verschafft hatten. Daher musste nun die Polizei hinzugezogen werden, die sich schließlich über ein Fenster Zutritt zum Haus verschaffte. Die Frauen wurden aufgefordert, das Haus zu verlassen. Dabei gingen sie lautstark gegen die Helferinnen und Helfer vor. Die Rettung ging weiter. Nun wurde auch der Keller durch die Feuerwehr freigegeben – unter der Angabe, diesen nur zwei Minuten betreten zu dürfen, da immer noch akuter Sauerstoffmangel herrschte. Unsere Tierschutzberatung wurde ebenfalls erneut hinzugezogen und brachte 13 der geschundenen Katzen mit einem Tierrettungswagen in unser Tierheim, darunter auch einen sichtlich verletzten Kater.

Bei uns wurden die Katzen umgehend medizinisch sowie mit Wasser und Futter versorgt. Sie essen bereits sehr gut und werden von unseren Tierpflegerinnen und Tierpflegern liebevoll gepflegt sowie aufgepäppelt. Um ihnen möglichst viel Ruhe sowie eine medizinische Betreuung reibungslos zu ermöglichen, sind die Katzen einzeln oder zu zweit untergebracht. Sobald sie sich gesundheitlich gut erholt haben und behördlich freigegeben sind, wünschen sich alle 13 Samtpfoten verantwortungsbewusste und achtsame Menschen, die ihnen Sicherheit vermitteln. Aktuell sind die Tiere mehrheitlich eher scheu und ängstlich, suchen aber teilweise bereits menschliche Nähe.

Bei uns wurden die Katzen behutsam untersucht.
Balin war völlig mit Kot verdreckt.
Unsere Tierärztin Larissa Hofmann (links) und unsere Tierschutzberaterin Sina Hanke kümmerten sich um die medizinische Versorgung der 13 Samtpfoten.
Wohlbehalten angekommen: Bilbo beim Essen.
Kili ist schon sehr neugierig und sucht viel Kontakt zu uns Menschen.
Kaum wiederzuerkennen: Balin schaut entspannt und hat wieder sauberes Fell.

Behörden handeln zu langsam

Vor der mehrtägigen Rettungsaktion der Katzen war es bereits wiederholt zu Beschwerden der Nachbarn wegen des Mülls und Gestanks gekommen. Warum blieben die zuständigen Ämter solange untätig? Der Bürgermeister von Großhansdorf, Janhinnerk Voß, erklärte gegenüber WELT: „Allerdings konnten wir da nicht einschreiten, da es zunächst einmal jedem Einzelnen selbst überlassen ist, wie er lebt und ob er seinen Müll im Garten lagert.“ Es gelte die „Unverletzlichkeit der Wohnung“. Erst wenn eine konkrete Gesundheitsgefahr für das Leben von Mensch oder Tier bestehe, könnten die Behörden eingreifen, sagte er. Aus Helferkreisen war bereits vor Ort zu hören, dass das Ordnungsamt schon seit rund zwei Jahren Kenntnis von den katastrophalen Zuständen habe. Wie unsere Tierschutzberaterin Sina Hanke weiß, ist das späte Handeln leider kein Einzelfall: „Behördliche Mühlen mahlen deutlich zu langsam. Unsere Erfahrung ist, dass Tierleid erst so schlimm werden muss, bis die Behörden einschreiten.“ Sie betont: „Leider ist es für uns in der Zusammenarbeit mit den Behörden gängige Praxis, dass sich Verwaltungsverfahren so in die Länge ziehen können, auch wenn akuter Handlungsbedarf herrscht.“

Trotz der widrigen Umstände vor Ort fand eine großartige gemeinsame Rettungsaktion unter Beteiligung der umliegenden Tierschutzvereine statt. Auch der Bürgermeister Janhinnerk Voß und die zuständige Amtsveterinärin packten vor Ort mit an. Für die beiden Tierhalterinnen wird ein Tierhaltungsverbot erwirkt.

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