Der Hamburger Tierschutzverein demonstriert mit anderen Tierschutzgruppen vor dem Eingang von "Circus Krone".

28. September 2018, Update 29. September 2018

„Tiere sind keine Zirkusnummer“: Unter diesem Motto haben am Freitag zwischen 17.30 und 20 Uhr mehr als 300 Tierschützerinnen und Tierschützer vor dem „Circus Krone“ auf St. Pauli gegen die Ausbeutung von Tieren in der Manege demonstriert. Die Protestaktion wurde vom Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. (HTV) organisiert und angemeldet.

„Kein Applaus für Tierquälerei“: Mit Spruchbändern und Sprechchören wurden die Premierengäste empfangen. Protestlerinnen des Hamburger Tierschutzvereins hatten sich als Löwe, Tiger, Nashorn und Elefant verkleidet und hielten ausdrucksstarke Plakate hoch: „Wie lustig ist Leid?“ Diese Plakatmotive gegen Wildtiere im Zirkus hat der Hamburger Tierschutzverein gemeinsam mit dem Deutschen Tierschutzbund an mehr als 800 Stellen in der Stadt plakatiert.

Da es auch noch einen Nebeneingang gab, bildeten die Protestlerinnen und Protestlern zwischen den beiden Zirkus-Eingängen an der Glacischaussee eine lange und eindrucksvolle Kette (mehr Fotos am Ende des Textes). Der HTV hat sich für die Protestaktion mit mehreren Tierschutz- und Tierrechtsgruppen zusammengeschlossen (u. a. Tierrechtsinitiative Hamburg, ARIWA, Future for Elephants, Vier Pfoten, PetaZwei-Streetteam und Animals United). In den nächsten Wochen soll es weitere Proteste geben. Alles andere als eindrucksvoll war die von der Zirkus-Lobby angemeldete „Gegendemo“. Sie bestand zu besten Zeiten aus 7 Leuten – einige davon kamen vom „Circus Krone“-Gelände.

Als Zirkustiere verkleidet demonstrieren HTVler gegen Wildtiere in der Manege.

„Dass Elefanten, Tiger, Löwen und ein Nashorn in der Manege vorgeführt werden und herabwürdigende Mätzchen machen müssen, nur um das Publikum zu unterhalten, verletzt die Tiere in ihrer Würde – mit Tradition ist diese Herabwürdigung von Tieren nicht zu rechtfertigen“, sagt Sandra Gulla, 1. Vorsitzende des Hamburger Tierschutzvereins. „Immer mehr Menschen hinterfragen die Haltung und die Vorführung von Tieren in Zirkussen kritisch und sehen genauer hin – das ist auch ein Erfolg des öffentlichen Protests der vielen Tierschützerinnen und Tierschützer“, ergänzt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Wie stark der Gegenwind ist, der „Krone“ in Hamburg entgegen bläst, zeigte sich schon am Aufbautag. In den sozialen Netzwerken posteten Anwohner und andere Menschen schockierende Bilder von Nashorn Tsavo und Großkatzen in ihren Gefängnissen. Auch der Zuspruch, den wir bei der Demo vor „Krone“ von Passanten bekamen, war sehr ermutigend.

Hamburger Politik gegen Wildtiere im Zirkus
Und auch die Hamburger Politik positioniert sich gegen das Geschäft mit Wildtieren in der Manege. „Ich unterstütze den Protest von Tierschutzinitiativen und des Hamburger Tierschutzvereins gegen diese archaische Form von Zirkus zu Lasten der Tiergesundheit“, so Stephan Jersch von der Linkspartei in einer Pressemitteilung. „Der rot-grüne Senat sieht nicht nur zu, wie völlig überkommene Zirkuspräsentationen mit Wildtieren in der Stadt stattfinden – er leistet dem sogar Vorschub.“ Erstmals seit vielen Jahren hatte die zuständige Wirtschaftsbehörde das Heiligengeistfeld wieder an einen Zirkus mit Wildtieren vermietet.

Gert Kekstadt, Experte der SPD-Bürgerschaftsfraktion für Tierschutz: „Die Zirkustradition ist eine wunderbare Sache, die unsere Unterstützung und Bewunderung verdient. Aber die Zirkusbetriebe müssen sich weiterentwickeln und verstehen, dass sich die Einstellungen in der Bevölkerung und auch die Ansprüche an den Tierschutz verändert haben. Zirkusvorstellungen können ein herausragendes Schauspiel sein, aber Wildtiere sollten nicht dazugehören. Die bisherige Initiative des Senats zum Verbot von Wildtieren im Zirkus ist leider am Widerstand von CDU und CSU gescheitert. Ein Verbot muss aber im Bundesrecht festgeschrieben werden. Kommunale Auftrittsverbote stehen rechtlich auf wackeligen Beinen. Ich erwarte, dass die für den Tierschutz zuständige CDU-Bundesministerin Julia Klöckner tätig wird, denn im Koalitionsvertrag der Großen Koalition heißt es: ,Deutschland soll beim Tierschutz eine Spitzenposition einnehmen.' Es ist Zeit zu handeln – Wildtiere gehören nicht in den Zirkus.“

Immer wieder Zwischenfälle
Außerdem kommt es mit Wildtieren im Zirkus immer wieder zu Zwischenfällen. Am 4. Juli war eine Elefantenkuh des „Circus Krone“ bei einer Vorstellung in Osnabrück über die Begrenzung des Zuschauerbereiches gestürzt. Ursache war, dass drei Elefantenkühe in der Manege aneinandergeraten waren. Einen Monat zuvor, am 6. Juni 2018, brach im rheinland-pfälzischen Neuwied bei „Circus Krone“ ein Elefant aus und lief unkontrolliert durch die Stadt.

„Aufgrund der regelmäßig vorkommenden Unfälle mit Zirkustieren muss die Stadt Hamburg alle Möglichkeiten ausschöpfen, Auftritte von Wildtieren in Zirkussen im Stadtgebiet auf der Grundlage des Ordnungsrechts zu unterbinden und sich weiterhin vehement für ein bundesweites Wildtierverbot in Zirkussen einsetzen“, fordert Sandra Gulla. Und ergänzt: „Es gibt alternativ viele Freizeitmöglichkeiten, die ohne Tierleid auskommen.“

Vorgaben für Zirkusse sind gänzlich unzureichend
Die Vorgaben zur Tierhaltung, die die „Zirkusleitlinien“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums machen, sind aus Sicht der Tierschützerinnen und Tierschützer veraltet und gänzlich unzureichend. Winzige Außengehege bieten keine Abwechslung oder artgemäße Beschäftigung. Das immer wieder herangezogene Argument, dass Wildtiere im Zirkus durch Dressur und Auftritte körperlich und geistig gefordert werden, hält einer wissenschaftlichen Betrachtung nicht stand.

Tierschützer und Bundesrat fordern Wildtierverbot
Neben dem Appell der Tierschützerinnen und Tierschützer hat auch der Bundesrat bereits drei Mal die Bundesregierung dazu aufgefordert, ein bundesweites Verbot bestimmter Wildtiere im Zirkus zu erlassen – darunter auch auf Initiative Hamburgs im Jahr 2011. Während etliche europäische Länder mit gutem Beispiel vorangehen und entsprechende Beschlüsse zu Wildtierverboten fassen, wie zuletzt Irland, Italien oder Dänemark, hat die Bundesregierung es jedoch über Jahre versäumt, ein solches Verbot einzuführen. Stattdessen vergeben immer mehr Kommunen keine Standflächen mehr an Zirkusse, die Wildtiere mit sich führen – aus Tierschutzsicht ein Schritt in die richtige Richtung.

... und das war die "Gegendemo" der Zirkus-Lobby - mit 7 Leuten.