Am Elend der Schweine ändert das staaatliche Tierwohlkennzeichen leider nichts. Foto: ARIWA

Pressemitteilung

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat heute die Kriterien des von ihr geplanten, freiwilligen staatlichen Tierwohlkennzeichens für Schweine vorgestellt. Das Kennzeichen soll in drei Stufen das Niveau der Tierhaltung ausweisen. Dabei werden Kriterien wie Aufzucht, Platz, Transport und Schlachtung berücksichtigt. „Wer glaubt, mit einem staatlichen Tierwohlkennzeichen nun genug getan zu haben, der irrt gewaltig“, beklagt Thomas Schröder, Präsident von unserem Dachverband, dem Deutschen Tierschutzbund. Hier sein ganzer Kommentar:

Frau Klöckner, das reicht noch lange nicht!

Die erste Stufe des Tierwohlkennzeichens sieht für Schweine 20 Prozent mehr Platz - und damit lediglich zusätzliche 0,9 Quadratmeter vor. Screenshot: BMEL

„Wer glaubt, mit einem staatlichen Tierwohlkennzeichen nun genug getan zu haben, der irrt gewaltig. Der Grundfehler bleibt, dass die Ministerin weiter auf Freiwilligkeit setzt, die große Mehrheit der Schweine bleibt damit auf der Strecke. Nach einer mittlerweile dreijährigen, intensiven Diskussion über die Ausgestaltung eines Kennzeichens enttäuscht das heute vorgelegte Ergebnis auf ganzer Linie. Die 1. Stufe, so wie sie heute vorgestellt wurde, ist eine Verbrauchertäuschung; den Beinamen ,Tierwohl' hat sie nicht verdient. Wer ehrgeizig mehr Tierwohl schaffen will, muss sichtbar mehr tun als das, was heute auf dem Tisch liegt.“

Schröder weiter: „Die Kriterien in der 1. Stufe liegen, wenn überhaupt, nur knapp über dem gesetzlichen Standard. Die Aussage, man habe „20 Prozent mehr Platz schon in der 1. Stufe geschaffen“ hat PR-Charakter, aber für den Tierschutz keinen Effekt. Schweine mit unversehrten Schwänzen zum Beispiel benötigen nach aller wissenschaftlichen und praktischen Erfahrung deutlich mehr als 20 Prozent Platz. Auch um Buchten sinnvoll zu strukturieren braucht es mehr Platz.“

Rahmenbedingungen bleiben unklar

„Weiter muss klar sein, dass ein Kennzeichen nicht nur von aufgehübscht formulierten Kriterien lebt, sondern dass es sich klar gegenüber dem gesetzlichen Standard abgrenzen muss. Es muss sich auch daran bemessen lassen, ob es Bewegung in die Systeme bringt. Dazu ist eine progressive Förderung mit massiv mehr Mitteln als bisher essentiell. Bis heute hat Frau Klöckner nichts dazu vorgelegt, wie hoch die Fördermittel sein sollen, aus welchen Töpfen diese kommen und wie sie angewendet werden sollen. Auch fehlen die Antworten auf weitere Fragen, etwa wie Kontrollen gestaltet werden und wer Lizenzen vergibt. Nicht zuletzt fehlt eine grundsätzliche Marschrichtung im Rahmen einer laut Koalitionsvertrag geplanten Nutztierstrategie. Was heute vorgelegt wurde, ist Stückwerk. Von einem schlüssigen politischen Gesamtkonzept keine Spur. Die vorrangige Aufgabe des Gesetzgebers Bundestag und der Bundesregierung ist es, das Ordnungsrecht auf das von der Gesellschaft erwartete Niveau zu bringen.“

Gesetzliche Vorgaben sind ungenügend

„Zudem ist die gesetzliche Basis derzeit ungenügend und unklar und bedarf dringender Nachbesserung – das gilt im Besonderen für die Schweinehaltung. Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ist in einem zentralen Bereich, bei der Kastenstandhaltung von Sauen, von einem Gericht bemängelt worden. Das Land Berlin hat eine Normenkontrollklage zur Schweinehaltung eingereicht. Damit ist völlig unklar, wie das Ordnungsrecht in Zukunft aussehen wird. Damit ist es auch unverantwortlich, jetzt ein Tierwohlkennzeichen zu etablieren, das sich über den Abstand zum Gesetz rechtfertigen will. Da verwundert es auch nicht, dass immer mehr Landwirte verunsichert sind, weil sie immer noch nicht verlässlich wissen, wo sie investieren sollen.“