Pressemitteilung vom 12. Juli 2023

In Hamburg starten morgen, 13. Juli 2023, die Sommerferien. Für viele Haustiere beginnt dann nicht die schönste Zeit des Jahres, denn alljährlich werden kurz vor oder während der großen Ferien vermehrt Tiere ausgesetzt. Die mutmaßlich ersten Urlaubsopfer hat der Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. (HTV) bereits aufgenommen.

Die Frage „Wohin mit dem Haustier im Urlaub?“ lösen manche Menschen leider auf verantwortungslose Art und Weise: Sie entledigen sich ihrer tierischen Familienmitglieder, indem sie die Tiere einfach aussetzen. Die Zahl der verlassenen und verstoßenen Tiere ist kurz vor Beginn der Hamburger Sommerferien wieder sehr hoch. So wurden in diesem Jahr allein seit dem 1. Juni schon 212 Tiere im Hamburger Stadtgebiet mutmaßlich ausgesetzt gefunden und ins Tierheim Süderstraße des HTV gebracht bzw. im Notfall vom vereinseigenen Tierrettungsdienst abgeholt. Die Dunkelziffer schätzen die Tierschützerinnen und Tierschützer wesentlich höher ein, werden doch nicht alle Tiere rechtzeitig gefunden und versterben im Verborgenen. Unter den mutmaßlichen Aussetzungen befinden sich sieben Hunde, 74 Katzen, 35 Kleinsäuger, 60 Vögel, 14 Schildkröten, ein Gecko, ein Python und ca. 20 Fische in einem Aquarium. Für 39 Tiere (acht Katzen, zehn Kleinsäuger, 20 Vögel und eine Schildkröte kam sämtliche Hilfe zu spät: Sie verstarben noch auf dem Weg zur tierärztlichen Versorgung, schliefen trotz einer Behandlung für immer ein oder mussten trotz aller Bemühungen erlöst werden.

Viele ausgesetzte Jungkatzen – Katzenschutzverordnung dringend nötig

Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass die Zahl ausgesetzter Tiere während der großen Ferien weiter ansteigen und traurige Spitzenwerte von mehr als 50 Fällen pro Woche erreichen kann. „Wie in jedem Jahr machen wir uns auf mehr Tieraussetzungen während der Hamburger Sommerferien gefasst. Derzeit quellen vor allem unsere Katzenunterkünfte über und wir hoffen, dass wir ohne Katzenseuche oder ähnlich schlimme Krankheiten durch den Sommer kommen – schlimmstenfalls müssen wir einen Aufnahmestopp verhängen“, sagt die 1. Vorsitzende des HTV Janet Bernhardt. Die hohe Anzahl aufgefundener Katzenwelpen und sogar in Kartons ausgesetzter Katzenfamilien zeigt, dass viel Nachwuchs ungewollt ist und die Menschen überfordert. Eine Katzenschutzverordnung, die beinhaltet, dass alle Katzen mit Freigang kastriert, gechippt und registriert werden, würde Abhilfe schaffen, wird aber von der Freien und Hansestadt Hamburg einer langwierigen und teuren Prüfung unterzogen – und das, obwohl alle anderen Bundesländer teilweise schon jahrelang Erfolge mit solchen Verordnungen haben.

Das sind Hamburgs erste Ferienopfer

Vor allem während der Coronapandemie wurden Haustiere unüberlegt angeschafft, manche von ihnen landen in diesen Wochen im Tierheim, weil sie ihren Menschen in der Ferienzeit lästig sind- die meisten von ihnen werden ausgesetzt und damit einem ungewissen Schicksal überlassen, wie die folgenden Beispiele zeigen:

Fly
Die junge Spitz-Mischlingshündin, die nun auf den Namen Fly hört, wurde am 24.06.2023 am Niedergeorgswerder Deich in Hamburg-Wilhelmsburg gefunden und gelangte durch die Polizei ins Tierheim. Sie ist ca. Ende 2022 geboren. Da kein Chip zu finden war, ist ihre Herkunft nur schwer zu ermitteln.
Champ
Den Spitz-Mischling, der Ende Juni in Hamburg-Hamm in einem Kleingarten gefunden wurde, taufte der HTV auf den Namen Champ. Sein Chip nützt dem circa vierjährigen Rüden leider nichts, denn die Nummer wurde nicht registriert. Da Champ am Fundort ein Geschirr trug und bisher niemand den Kleinen vermisst, liegt die Vermutung nahe, dass er nicht mehr gewollt war und deshalb ausgesetzt wurde.​​​​​
Lars
Besonders dreist wurde ein etwa zweijähriger, weißer Langhaarkater ausgesetzt: Am 26. Juni 2023 wurde Lars, wie er nun heißt, in einer Transportbox einfach im Eingangsbereich des Tierheims abgestellt. Die Person war schlecht zu erkennen, wir ermitteln noch und sind für Hinweise dankbar. Ein hinweisgebender Chip war beim Kater nicht vorhanden. Neben der Box stand noch eine Tasche mit Katzenzubehör – es ist also offensichtlich, dass Lars in seiner Familie nicht mehr erwünscht war.
Gundula
Ein ähnliches Schicksal teilt diese graue, weibliche Katze mit weißen Stichelhaaren an der Brust: Gundula, wie sie jetzt heißt, wurde am 08.07.2023 vor der Tür des Tierheims in einer Box abgestellt. Sie ist adipös und hat verfilztes Fell. Gundula wurde ca. 2016 geboren, ein Chip war bei ihr nicht zu finden.
Lucky
Dieser graue Maine-Coon-Kater, jetzt Lucky genannt, wurde am 06.07.2023 am U-Bahnhof Steinfurther Allee in Hamburg-Billstedt gefunden. Er wurde in einer Box ausgesetzt, in der sich Futter und ein Katzenspielzeug befanden. Der etwa 2019 geborene, kastrierte Kater wurde schlecht gepflegt – er hat stark verfilztes Fell. Ein Chip war nicht vorhanden.
Die Jonas Brothers
Diese drei Meerschweinchen wurden offensichtlich ihren Menschen zur Last, denn sie wurden in einer Transportbox ausgesetzt am 02.07.2023 in der Straße Großlohe in Hamburg-Rahlstedt gefunden und zu uns gebracht. Der HTV nennt die drei „Die Jonas Brothers“.
Paula
Paula
, wie der HTV die Königspython-Schlange nach dem Fundort nennt, wurde am 1.Juni 2023 in der U-Bahnstation St. Pauli gefunden. Offensichtlich wurde sie nicht nur ausgesetzt, sondern auch zuvor gut nicht behandelt: Paula hat eine alte Verletzung im Rückenbereich und ihr Maul ist etwas schief.
Sven
Das wildfarbene Pfirsichköpfchen wurde am 4.7.2023 am Johannesbollwerk in Hamburg-St. Pauli gefunden. Der ausgewachsene Vogel, der Sven getauft wurde, ist unberingt.

Niemand muss ein Tier aussetzen!

Wer Angaben zu diesen oder weiteren Tieraussetzungen machen kann, wendet sich bitte telefonisch an die Tierschutzberatung des HTV: 040 211 10 6-24/-12 oder per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. Die Hinweise werden vertraulich behandelt.

Die HTV-Vorsitzende Janet Bernhardt betont: „Wer sein Tier aussetzt, nimmt dessen Leid oder sogar Tod in Kauf. Wer sein Tier nicht mehr versorgen kann oder möchte, sollte ein Mindestmaß an Verantwortung übernehmen und seinem Tier ein neues Zuhause suchen – notfalls ein vorübergehendes wie unser Tierheim.“

Gemäß § 3 Abs. 3 Tierschutzgesetz (TierSchG) ist es verboten, ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen oder sich der Halter- oder Betreuerpflicht zu entziehen. Unerheblich ist, ob durch das Aussetzen eine konkrete oder abstrakte Gefahrenlage für das Tier entsteht. So erfüllt grundsätzlich auch das Anbinden am Tierheimtor den Tatbestand des Aussetzens. Das Aussetzen ist eine Ordnungswidrigkeit und kann gemäß § 18 Abs.1 Nr.4 TierSchG mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro bestraft werden. Im Einzelfall, wenn etwa das Tier durch die Aussetzung zu Tode kommt, handelt es sich um eine Straftat gem. § 17 TierSchG. Diese kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden.