Pressemitteilung
Mit dem Ende der Sommerferien zieht der Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. (HTV) eine bittere Bilanz: Die Anzahl der mutmaßlichen Tieraussetzungen ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Der HTV geht dabei von einem Zusammenhang mit den vielen unüberlegten Tieranschaffungen über den Internetverkauf während der Corona-Zeit aus.
Zwischen dem Ferienbeginn am 24. Juni und Ferienende am 04. August 2021 wurden insgesamt 174 mutmaßlich ausgesetzte Tiere im Tierheim Süderstraße aufgenommen, im Vorjahr waren es 156. Hinzu kommen 53 abgegebene Tiere. „Der skrupellose Umgang mit den Tieren hat deutlich zugenommen. Wir gehen davon aus, dass hier überwiegend Menschen am Werk waren, die sich bereits bei der Anschaffung wenig Gedanken um das Tier gemacht haben“, betont die 1. Vorsitzende des HTV Janet Bernhardt. Der HTV sieht die Anzahl der Fundtiere allein im Ferienzeitraum als Vorboten für weitere Tieraufnahmen. Denn in vielen Unternehmen findet noch Home-Office statt und auch das Reisen ist noch mit Einschränkungen verbunden. Ändert sich das, werden sich wahrscheinlich weitere Menschen ihrer tierischen Familienmitglieder entledigen. Schon vor Beginn der Sommerferien berichtete der HTV über besonders erschütternde Tieraussetzungen.
Seit dem 25. Juni 2021 wurden drei Hunde, 50 Katzen, 19 Kaninchen, ein Meerschweinchen, sechs Frettchen, vier Degus, eine Ratte, ein Chamäleon, ein Skorpion, zwei Schlangen, 13 Schildkröten, 27 Papageienartige, 13 Kanarienvögel sowie 26 Tauben und sieben Hühnerartige gefunden, im Tierheim aufgenommen und von ihren Familien nicht wieder abgeholt. Die vergleichsweise geringere Zahl der ausgesetzten Hunde ist auf die in Hamburg herrschende Chip-Pflicht zurückzuführen.
Neben den ausgesetzten Tieren wurden während der Hamburger Sommerferien zusätzlich 53 Tiere von ihren Halter*innen im Tierheim Süderstraße zur Weitervermittlung abgegeben. Es waren ein Hund, 13 Katzen, 18 Kaninchen, ein Meerschweinchen, zwei Rennmäuse, ein Fisch, vier Schildkröten, vier Kanarienvögel und neun Papageienartige.
Unter den diesjährigen Ferienopfern:
Netzphython Dieter, so wurde er im HTV benannt, wurde am 1. Juli in einem Hinterhof in Rotherbaum gefunden und zu Polizei gebracht. Von dort holte ein HTV-Rettungsfahrer ihn ab und brachte ihn ins Tierheim. Dort wird sein Alter auf bis zu drei Jahre geschätzt. Dieter hat eine Lavender-Färbung am Kopf einige Narben.
Am 3. Juli wurde ein weißer Kater mit grauen Abzeichen, dessen Alter im HTV auf 15 Jahre geschätzt wurde, in Neugraben gefunden. Er kam in einem miserablen Zustand ins Tierheim Süderstraße und konnte, trotz großer Bemühungen, letztlich nur noch erlöst werden. „Es macht uns wirklich traurig mitzuerleben, dass so ein altes Tier, dass vermutlich sein Leben lang ein Zuhause hatte, ausgesetzt und sich selbst überlassen wird“, bedauert die tierärztliche Leitung des HTV Dr. Urte Inkmann. Der Kater wurde nach Ankunft im HTV Puschel genannt.
Am 10. Juli gelangte ein schwerverletztes Chamäleon in die Obhut des Tierheims Süderstraße. Das kleine Kerlchen wurde Haku genannt. Die Verletzung war leider so schwer, dass das Jungtier nur noch erlöst werden konnte. Unabhängig davon sind Chamäleons sehr kälteempfindliche Tiere und in der Hamburger Wildnis nicht überlebensfähig.
Am 15. Juli wurde der rot-getigerte Kater mit weißen Abzeichen, er wurde auf den Namen Mirko getauft, in einem abgestellten Zug am Hamburger Hauptbahnhof in einer Transportbox gefunden. Von einem Versehen kann dabei nicht ausgegangen werden, da er bis heute nicht als vermisst beim HTV gemeldet wurde. Erfreulicherweise hat Mirko inzwischen ein verantwortungsbewusstes Zuhause gefunden.
Diese vier männlichen, ausgewachsenen Degus Artus, Aramis, Porthos und D’Artagnan wurden am 21. Juli 2021 in Neugraben in einem Transportkorb gefunden und zur Polizei gebracht. Von dort holte sie ein HTV-Tierrettungsfahrer ab und brachte sie ins Tierheim Süderstraße, wo sie sich in Sicherheit erholen können.
Die langhaarige, etwa zehn Jahre alte Schäferhündin mit dunkler Decke und Maske wurde am 22. Juli 2021 am Steinwerder Damm (auf der Elbinsel) vor der Wache der dortigen Wasserschutzpolizei gefunden. Sie wurde mit Umfangsvermehrungen an der Brust sich selbst überlassen. Diese werden im HTV derzeit intensivmedizinisch betreut. Zudem hat die Hündin einen Chip, der jedoch nicht registriert ist. Sie wurde auf den Namen Marta getauft.
Der gefährliche Hühnertrend und die damit verbundene häufige Entsorgung von Hähnen, die zu „laut“ sind und ihr eigenes Territorium für sich beanspruchen, ging auch während der Sommerferien weiter. Am 24. Juli wurde Zwerghahn Piedro, wie er im HTV benannt wurde, in einem Karton an der Bremer Straße ausgesetzt – und glücklicherweise rechtzeitig gefunden, bevor Schlimmeres passierte.
Dieses Widder-Zwergkaninchen, das nun den Namen Sina trägt, ist gerade noch einmal mit dem Schrecken davongekommen. Es wurde am 24. Juli auf einer Hundewiese in Allermöhe entdeckt. Sina hätte leicht zum Opfer von jagdmotivierten Hunden werden können. Sie kam mit einer Zahnfehlstellung und kleinen Bissen am Ohr ins Tierheim Süderstraße.
Am 26. Juli wurde dieser Welpe ganz allein in Finkenwerder aufgefunden. Er war bei der Aufnahme im Tierheim Süderstraße gerade einmal sechs Wochen alt. „Besonders einzelne Welpen, die noch nicht mal acht Wochen alt sind, erregen unsere Aufmerksamkeit. Wir gehen hier mit großer Wahrscheinlichkeit davon aus, dass der Welpe aus einem illegalen Welpenhandel stammt und zu früh von der Mutter getrennt wurde“, erläutert Dr. Urte Inkmann. Der Labrador-Mischling, der den Namen Peter bekam, wird nun liebevoll aufgepäppelt und sozialisiert.
Dass die Erbarmungslosigkeit der Menschen auch in diesem Jahr keine Grenzen kennt, zeigt ebenso die Aussetzung von zwei Wellensittichen direkt vor dem Tierheim Süderstraße. Am 3. August wurden Lou und Leo vor dem Eingang in einer WMF-Tüte ausgesetzt.
Das Aussetzen eines Tieres ist verboten!
In allen oben genannten Fällen von ausgesetzten Tieren bittet der HTV die Hamburger Bevölkerung um Hinweise, die zur Ermittlung des Halters oder der Halterin führen können. Gemäß § 3 Abs. 3 Tierschutzgesetz (TierSchG) ist es verboten, ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen oder sich der Halter- oder Betreuerpflicht zu entziehen. Das Aussetzen ist eine Ordnungswidrigkeit und kann gemäß § 18 Abs.1 Nr.4 TierSchG mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro bestraft werden. Im Einzelfall, so wenn das Tier durch die Aussetzung zu Tode kommt, handelt es sich um eine Straftat gem. § 17 TierSchG. Diese kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden.
Jetzt online spenden und Tieren in Not helfen!
Eine Spende ist auch direkt auf das HTV-Konto bei der GLS Gemeinschaftsbank e.G. möglich:
IBAN: DE15 4306 0967 2075 7633 00
BIC: GENODEM1GLS