Das Thema "Pferde und Tierschutz" war nach dem Besuch einer Cavalluna-Show ein weiteres Mal Thema unserer Tierschutzjugend. Am 8. Mai besuchte die Gruppe das „93. Deutsche Spring- und Dressur-Derby“ im Hamburger Stadtteil Klein Flottbek, um sich vor Ort über Tierschutz-Standards im und um den Turniersport zu informieren. Der Gruppe samt unserer Leiterin der vereinsinternen Kinder- und Jugendarbeit Nicole Hartmann und ihrer Mitarbeiterin Kim Sichert wurde ein Blick hinter die Kulissen gewährt - der Befürchtungen leider einmal mehr bestätigte. Lesen Sie im Folgenden den Bericht unserer Jugendgruppe.

Derby-Organisator Volker Wulf und ein Tierarzt nahmen sich Zeit für ein Gespräch mit uns. Dabei wurde deutlich, dass wir als Tierschutzjugend und die Derbyveranstalter grundverschiedene Ansichten zum Thema Pferdewohl haben. Sehr fremd ist uns Tierschützenden der Gedanke, dass Pferde bewusst an (tendenziell gefährlichen) Wettkämpfen teilnehmen und aktiv gewinnen wollen. Die Derbyorganisatoren betonten, dass für sie das Tierwohl eine große Rolle spiele und man sich selbst als „Tierschützer“ sieht. Als Beleg wurden die leichte Entschärfung einiger besonders gefährlicher Hindernisse in den vergangenen Jahren sowie die neue Möglichkeit, dass Turnierrichter*innen bei offensichtlicher Überforderung und Stress des Pferdes die Reitenden bereits während des Rennens disqualifizieren können.

Scharfes Gebiss und gestresstes Pferd mit geblähten Nüstern und aufgerissenen Augen.

Während unseres Besuchs sahen wir dies leider nicht und hatten auch nicht die Möglichkeit mit Turnierrichter*innen zu sprechen. Was wir leider sehen mussten, war deutlich sichtbarer Stress bei einigen Pferden (Schweifschlagen, Schaum vorm Maul etc.) und auch eine Verweigerung eines Pferdes, die mit einem Sturz des Reiters endete. Dass die Hindernisse beim Derby trotz „Entschärfung“ immer noch eine Gefahr für Pferd und Reiter*in sind, bestätigt der schwere Sturz eines Pferdes wenige Tage nach unserem Besuch an einem komplizierten Naturhindernis, den sogenannten „Irischen Wällen“.

Ein Pferd strauchelte vor einem Hindernis - und rannte in Panik ohne den vom Pferd gefallenen Reiter davon.

Im Laufe unseres Besuches erhielten wir noch die Möglichkeit, das „Spring-Gelände“ zu betreten. Anschließend ergab sich ein spontanes Gespräch mit einem Reiter: Er war sehr offen für unseren Fragen und behauptete, keinerlei Angst vor möglichen Stürzen beim Turnier zu haben.

Im Gespräch mit einem Derby-Teilnehmer.
Der "Derbywall" ist besonders herausfordernd, weil die Pferde auf den drei Meter hohen Wall springen und dann den Schwung herausnehmen müssen, um den Abstieg vom Hindernis sicher zu schaffen.

Bei einem Qualifikations-Springen hatten wir auch freie Sicht auf das komplette Gelände sowie den öffentlich sichtbaren Abreite-Platz. Nachdem wir uns hautnah überzeugen konnten, wie hoch Hindernisse, wie schwer Stangen und wie breit Gräben sind und wir auch Sprünge gesehen haben, beschreibt es Jugendgruppen-Teilnehmer Yari so: „Theoretisch ist das hier alles eine wirklich sportlich beeindruckende Leistung – aber sie finden ohne Konsens der Tiere statt.“ Teilnehmerin Lilly stimmt zu: „Solche Situationen für die Tiere in echt zu sehen und zu erleben, ist noch viel bedrohlicher und intensiver, als es vorm Fernseher sein könnte.“ Umso irritierter waren wir auch vom anscheinend unreflektierten Publikum, das nach einem Sturz für ein offensichtlich gestresstes Pferd sogar noch applaudierte.

Wie hoch die Hindernisse und wie massiv die Stangen wurde beim Besuch des Springplatzes deutlich.

Unser Fazit: Anders als bei unserem Besuch bei der Pferdeshow Cavalluna stand man uns weitaus offener, freundlicher und dem Thema Tierschutz tatsächlich interessierter gegenüber. Trotzdem haben wir, so Yari, „viele Situationen gesehen, die jede für sich gegen das Wohl der Tiere sprechen, seien es offensichtliche Stresszeichen bei den Pferden, Stürze, das allgemeine Verletzungsrisiko oder die überfordernde Geräuschkulisse – all das kann nicht im Interesse von Tierschutz sein“ – auch wenn Veranstalter, Teilnehmende und Publikum wohl wirklich daran zu glauben scheinen. Unsere Überzeugung, dass sich Tierschutz und Pferdesport ausschließen, wurde einmal mehr gefestigt.