Die Labrador-Welpen in ihrer Unterkunft bei uns im HTV.

Pressemitteilung vom 22. Juli 2022

Knapp acht Wochen alte Labrador-Mischling-Welpen rettete die Tierschutzberatung des Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. (HTV) in Zusammenarbeit mit dem Veterinäramt Ende Juni vom Balkon eines Hochhauses in Hamburg-Billstedt, nachdem sie dem Hinweis einer besorgten Nachbarin gefolgt war. Die dehydrierten und geschwächten Welpen wurden dort seit ihrer Geburt gehalten – ungeachtet der Hitzewelle. Durch stunden- sowie tagelanges Jaulen und Winseln hatten die Hunde auf sich aufmerksam gemacht. Die Hilfe kam gerade noch rechtzeitig: Die zehn Welpen, unter denen sich auch eine junge Hündin mit dem nicht behandelbaren Wasserkopf-Syndrom befand, erholten sich in der Obhut des HTV schnell und konnten an fürsorgliche Familien vermittelt werden.

Unüberlegte Würfe: Wenn Tierleid und Aussetzungen die Notlösung sind

„Die Regeln sind unserer Meinung nach viel zu locker. Jede oder jeder kann sein Tier decken lassen – ohne den erforderlichen Kenntnisstand oder medizinischen Hintergrund, die notwenigen örtlichen Gegebenheiten, Zeit und leider oft auch die nötigen finanziellen Mittel, die so eine Welpenaufzucht mit sich bringt“, mahnt HTV-Tierschutzberaterin Gina Lularevic. Daher verzeichnet der HTV häufig Tierrechtsverstöße, die aus Überforderung und Unwissenheit erwachsen: Online-Tierhandel, ausgesetzte Katzenwelpen in Plastiktüten oder Hundewelpen, die sich selbst überlassen werden. Gestresste Muttertiere, die z.B. durch plötzliches aggressives Verhalten auffällig gegenüber ihren Welpen oder Familienmitgliedern und diesen damit in der Konsequenz zu anstrengend werden, sind leider am Ende auch häufig die Verlierer. „Die Halter müssen Verantwortung übernehmen - sowohl für das Muttertier, als auch für die Welpen“, so Gina Lularevic.

Start in ein schwieriges Leben: Stress während der Trächtigkeit und in den ersten Wochen bestimmt das Schicksal der Welpen

„Die private Zucht von Laien ist gefährlich. Sie können oft weder die nötige medizinische Versorgung gewährleisten, wenn etwas schiefgeht oder Mutter wie auch Welpen erkranken, noch kümmern sie sich ausreichend um die Tiere: Ab der vierten Woche fangen die Welpen an, das Leben zu entdecken. In dieser Zeit nehmen sie ihre Geschwister, Gegenstände, wechselnde Untergründe oder Temperaturunterschiede wahr. Wenn sie in dieser Phase nichts entdecken dürfen, auf engstem Raum eingepfercht und von der normalen Welt mit ihren Reizen isoliert sind, dann sind Verhaltensauffälligkeiten aufgrund dieser Defizite vorprogrammiert“, sagt die leitende Tierärztin des HTV Dr. Urte Inkmann.

„Auch Stress der Mutter in der Trächtigkeit kann dazu führen, dass die Tiere von Geburt an eine Neigung dazu haben, weniger belastbar zu sein – das bedeutet: Sie sind schneller gestresst, fahren schneller hoch, tendieren zu Angststörungen oder Phobien. Ein Hund, der schnell gestresst ist und sich nicht wohlfühlt, der lebt ein ungesünderes und unglücklicheres Leben“, so Inkmann.

Seit Mitte Juli befindet sich auch die Mutter der beschlagnahmten Welpen in der Obhut des HTV. Sie blieb zunächst zurück, da ihr allgemeiner Gesundheitszustand von der zuständigen Behörde als stabil eingeschätzt wurde. Wochen später meldete sich der Halter der Hündin mit dem Wunsch beim HTV, seine Hündin abzugeben: „Ich bin einfach überfordert“, erklärte er.

Tiere decken als Krankheitsvorsorge? HTV kämpft gegen solche gefährlichen Mythen an

Hartnäckig hält sich der Mythos, dass weibliche Tiere mindestens einmal in ihrem Leben geworfen haben müssen, um glücklich zu sein und nicht krank zu werden: Bei Hund und Katze heißt es oft, dass die Eierstöcke verkleben, wenn sie nicht gedeckt werden und dass die Tiere gesundheitliche Nachteile hätten, wenn sie nicht mindestens einen Wurf ausgetragen und aufgezogen hätten. „Der Halter der zehn Welpen hatte Angst, dass seine Hündin Gesäugetumore, sogenannte Mammatumore, bekommt, wenn er sie nicht einmal decken lässt. Diese Annahme ist falsch“, stellt die Tierärztin Dr. Inkmann klar.

„Wir raten unbedingt davon ab, ein Tier für vermeintliche gesundheitliche Vorteile decken zu lassen, denn diese gibt es schlichtweg nicht: Jede Trächtigkeit bedeutet eine enorme Anstrengung für die Tiere und fördert die Vermehrung von Tieren, die am Ende niemand haben möchte. Damit ist Tierleid vorprogrammiert. Wir empfehlen insbesondere Katzen rechtzeitig kastrieren zu lassen und bei Hündinnen gemeinsam mit einer Tierärztin oder einem Tierarzt die Entscheidung, ob eine Kastration durchgeführt werden sollte, individuell zu fällen“, ergänzt Inkmann.

„Stoppt die unüberlegte Vermehrung! Für jeden Welpen bleibt ein Tier im Tierheim sitzen.“

„Wir als Tierschutzverein haben viele Schützlinge in unserem Tierheim Süderstraße, die auf ein liebevolles Zuhause warten. Wir würden uns sehr freuen, wenn auch sie eine Chance bekommen würden, als dass immer weiter der oft skrupellose Handel mit Welpen unterstützt wird“, appelliert Inkmann.

Der braune Labrador-Welpe auf dem Arm einer Tierpflegerin. Mittlerweile konnte der gesamte Wurf vermittelt werden.