Unsere Tierheimleitung Dr. Urte Inkmann erklärt die Vorteile einer Katzenschuzverordnung

Streunerkatzen fristen ein elendiges Dasein im Verborgenen. Zahlen und Statistiken über ihre Zahl gibt es nicht: Wie kann man auch etwas zählen, das man nicht sieht? Laut Schätzungen leben etwa 10.000 Streuner auf Hamburgs Straßen und etwa zwei Millionen in Deutschland. Unser Katzenrettungsteam betreut mit ehrenamtlicher Hilfe rund 400 Streunerkatzen im Jahr – ein Tropfen auf den heißen Stein.

Eine unkastrierte Freigängerkatze und ihre Nachkommen können rein rechnerisch in nur 7 Jahren etwa 370.092 Katzen zeugen (Quelle: Peta).

Diese halterlosen Katzen enden in nicht seltenen Fällen auf der Straße und verwahrlosen. Die Lösung: die Katzenschutzverordnung, eine Kastrations- und Registrierungspflicht für alle Freigängerkatzen in Hamburg. Ende März entscheidet der Hamburger Senat endlich über die Einführung einer Katzenschutzverordnung.

Wir haben mit unserer leitenden Tierärztin und Tierheimleitung Urte Inkmann gesprochen, warum die Katzenschutzverordnung unentbehrlich ist, um Katzenleid zu verhindern. „Unkastrierte Katzen verursachen Katzenelend. Nicht nur für sich selber, sondern eben auch für ihre Nachkommen. Das wollen wir verhindern.“, so Dr. Inkmann.

1. Was bedeutet es aus medizinischer Sicht für Katzen, wenn sie kastriert werden? Ist es für sie gefährlich?
Eine Kastration ist für Katzen ein kleiner Eingriff und von einem geübten Operateur innerhalb von 10 Minuten erledigt. Auch sind die Tiere nach kurzer Zeit wieder fit: Kater am nächsten Tag und weibliche Katzen nach ungefähr drei Tagen, solange sollten sie ein Schmerzmittel erhalten. Ab der Geschlechtsreife, im Alter von ca. 6 Monaten, sollte eine Kastration vorgenommen werden.

2. Sollten auch Wohnungskatzen kastriert werden?
Auf jeden Fall. Unkastrierte Katzen kann man fast unmöglich ein ganzes Leben lang in der Wohnung halten. Die weiblichen Katzen werden irgendwann dauerrollig, wenn sie nicht gedeckt werden, was zu einer Gebärmuttervereiterung führt. Die männlichen Katzen hingegen fangen durch das männliche Hormon an, die ganze Wohnung zu markieren und extrem unangenehm zu riechen.

3. Welche gesundheitlichen Vorteile bringt die Katzenschutzverordnung mit sich?
Einige! Eine kastrierte Katze hat ein stressfreieres Leben und lebt in der Regel auch länger. Streunerkatzen, die zwei Mal im Jahr werfen, sind extrem ausgelaugt und beansprucht. Aber auch die geliebten Haustierkatzen, die als unkastrierte Freigänger draußen herumlaufen, würden durch eine Katzenschutzverordnung maßgeblich geschützt werden. Sie haben durch ihr Revierverhalten nämlich einen viel größeren Radius, in dem sie sich bewegen, und sind dementsprechend viel mehr Gefahren ausgesetzt, wie zum Beispiel dem Straßenverkehr oder anderen Katzen und anderen Tieren. Außerdem gibt es auch bei Katzen Geschlechtskrankheiten, die sich übertragen und unaufhaltsam weiterverbreiten können, unter anderem FIV, das sogenannte „Katzen AIDS“.

4. Was sagen Sie zu der Meinung vieler, dass eine Katze vor der Kastration mindestens einmal geworfen haben sollte?
Das ist eines der Gerüchte, die wir versuchen, mit unserer Aufklärungsarbeit aus der Welt zu schaffen. Weil es schlichtweg einfach nicht stimmt. Eine Katze braucht keine Welpen in die Welt gesetzt haben, um eine gute oder gar glückliche Katze zu sein. Eine Geburt ist für eine Katze auch immer mit Anstrengung verbunden und kann beim Auftreten von Komplikationen tödlich enden.

5. Was glauben Sie, warum es bisher so wenig Eigeninitiative gibt, die eigenen Freigängerkatzen kastrieren und chippen zu lassen?
Die Bereitschaft, für eine Katze viel Geld auszugeben, ist längst nicht so groß wie bei Hunden. Das habe ich in meiner Laufbahn als Tierärztin immer wieder gemerkt. Oftmals wird auch am Chip gespart – und wenn die geliebte Katze dann weg ist, dann ist die Reue groß. Obwohl Katzen die Hunde als Haustiere von den Zahlen her längst überholt haben, erfahren sie leider viel weniger Wertschätzung.

6. Was sollte sich außerhalb der Katzenschutzverordnung ändern?
Wichtig ist, dass insbesondere Tierarztpraxen ebenfalls aufklären. Dass sie immer wieder darauf hinweisen, wie wichtig es ist, seine Katze kastrieren und chippen zu lassen. Es reicht nicht, einfach nur Flyer zur Information mitzugeben, der im schlimmsten Fall ungelesen in der Mülltonne landen. Mein Appell: HalterInnen müssen Verantwortung übernehmen!

Eine Katzenschutzverordnung hat für die Tiere und die Stadt Vorteile. Foto: Pfotenteam.com