Laut Schätzungen der vergangenen Jahre gibt es etwa 10.000 Streuner auf Hamburgs Straßen und etwa zwei Millionen in Deutschland. Die HTV-Katzenrettung betreut mit ehrenamtlicher Hilfe rund 400 Streunerkatzen im Jahr. Im folgenden Interview erklärt die Leiterin unseres Katzenrettungsteams Monika Freytag, warum sie eigentlich rund um die Uhr arbeiten müsste – und warum eine Katzenschutzverordnung, die eine Kastrationspflicht beinhaltet, Elend lindern kann.
Du arbeitest in einem 3-köpfigen Team, zusätzlich habt Ihr ehrenamtliche Hilfe. Auch abends und an Wochenenden seid Ihr noch unterwegs, um die Katzen zu versorgen. Ist das notwendig?
Ja, denn über die Jahre merken wir, dass sich das Katzenelend durch unsere Arbeit verringert hat. Überall, wo wir artgerechtes Futter geben, Schlafplätze aufstellten und alle Katzen kastriert sind, geht es ihnen wesentlich besser. Leider, vor allem in den vergangenen Jahren, häufen sich aber die Meldungen über freilebende Katzenmütter und ihren Nachwuchs. Darum können wir in der Hochsaison nur etwa jeder dritten Meldung überhaupt nachgehen.
Woher wisst Ihr, wo Katzen frei leben?
Um Katzenleben retten zu können, sind wir auf Hinweise angewiesen, wo sich freilebende Samtpfoten befinden. In bestimmten Gegenden Hamburgs häuft sich die Zahl der Streuner besonders – beispielsweise in Georgswerder, Billbrook, Harburg oder Neugraben. Viele Menschen melden uns die Katzen aber nicht, zum Teil tun sie das aus Unwissenheit. Außerdem brauchen wir diese Menschen als Unterstützung vor Ort. Wenn wir die Fallen bewachen müssen, weil sie sonst entwendet oder zerstört werden, wird es sehr schwierig für uns allein. Und am schnellsten klappt das Einfangen auch, wenn einige Tage in der Falle angefüttert wird, bevor wir sie scharf stellen. Doch dazu sind leider nicht viele Meldende bereit. Das Einfangen einer Katzenmutter und ihrer Kinder kann deshalb mehrere Tage dauern.
Was macht Ihr genau – und was passiert mit den vielen Katzenwelpen??
In ganz Hamburg sind wir unterwegs, um kranke, verletzte oder sehr junge Tiere einzufangen – aber auch unkastrierte Katzen, die bei uns im Tierheim kastriert werden. Im Anschluss an die Behandlungen werden die Tiere, wenn es möglich ist, an den jeweiligen Fundort zurückgebracht und in Zukunft dort betreut. Da das nicht überall möglich ist, suchen wir ständig neue Plätze für freilebende kastrierte Katzen, welche nicht an ihren Fundort zurückkönnen. Gut geeignet sind Reiterhöfe, Firmengelände, ländliche Betriebe oder ähnliche Plätze – gerne auch solche, wo schon andere freilebende Katzen leben und regelmäßig gefüttert werden.
Mein Katzenrettungsteam fährt zudem regelmäßig bestehende, ehrenamtlich betreute Futterplätze in Gärten sowie auf Firmengeländen und ähnlichen Orten an und stellt die kontinuierliche Versorgung mit Futter sicher. Darüber hinaus errichten wir Schlafplätze für die Katzen und reinigen die Unterkünfte. Sehr junge Kätzchen werden bei uns im Tierheim aufgenommen, denn sie sind in aller Regel noch sozialisierbar und können in ein gutes Zuhause vermittelt werden - statt wieder auf die Straße zu müssen. Dabei hilft das ehrenamtliche Vorlesen in den Unterkünften hier, wodurch die Kätzchen an Menschenkontakt gewöhnt werden.
Ist das nicht belastend, wenn Ihr immer wieder mit Katzenelend konfrontiert werdet?
Ja, ich bin oft traurig. Wenn mir beispielsweise eine schwer verletzte Katze gemeldet wird, die so scheu ist, dass ich lange brauche, sie einzufangen. Dadurch muss sie bitter lange leiden. Oder wenn mein Team und ich von unwissenden Menschen beschimpft werden, die nicht verstehen, dass wir den Katzen helfen wollen. Oder wenn unsere Arbeit gar sabotiert wird, während wir an einem neuen Hotspot viele Tiere einfangen müssen, die Fallen gestohlen oder die Tiere verjagt werden, bevor wir sie haben. Das raubt auch viel Zeit. Es sind ja viele traurige Schicksale, die gemeldet werden und für die dann die Zeit fehlt.
Sind die Hamburgerinnen und Hamburger durchweg froh, wenn die Katzen versorgt werden – zum Beispiel auf einem Firmengelände?
Nein, leider nicht. Wir schlagen uns manchmal mit Menschen herum, denen das Elend der Straßenkatzen egal ist. Beispielsweise herrscht noch der Glaube vor, dass junge Katzen bessere Jäger sind. Das stimmt so ja nicht: Selbst die betreuten, gut genährten Streuner jagen, das ist ihr Instinkt. Und wenn wir nicht auf ein Firmengelände dürfen, um die dortigen Mütter zu kastrieren, werden dort immer wieder Kätzchen ins Elend geboren. Füttern dürfen wir dort auch nicht, weil die Katzen sich um die Mäuse „kümmern“ sollen. Also sterben viele Kitten. Wenn ich dann gerufen werde, um mir ein sterbendes Kätzchen zu geben, oder der Chef sich empört: "Ihr sollt nicht immer den Tierschutz rufen" und "Schwund ist immer", dann stoße ich an meine Grenzen. In solchen Fällen haben wir nur eine Chance, den Katzen dort zu helfen – wenn Hamburg eine Katzenschutzverordnung bekommt. Dann haben wir eine Handhabe und können dem Chef seine Verpflichtung zur Kastration erklären.
Wie kann Hamburgs Bevölkerung helfen?
Um Katzenleben retten zu können, sind wir auf Menschen angewiesen, die Möglichkeiten zur Einrichtung von Futterplätzen zur Verfügung stellen.
Um die unkontrollierte Vermehrung der in Hamburg lebenden verwilderten Katzen zu verhindern und deren Elend zu lindern, bietet der HTV die kostenlose Kastration freilebender Katzen an. Mein Appell: „Bitte helfen Sie mit und teilen Sie uns mit, an welchen Plätzen verwilderte Katzen leben. Aber bitte überprüfen Sie, ob es sich nicht um eine Katze mit Zuhause und Freigang aus der Nachbarschaft handelt. Das können Sie herausfinden, indem sie ihr Futter anbieten. Eine freilebende Katze wird sich gierig darauf stürzen und es verschlingen.“ Die hilfebedürftigen Katzen werden von mir und meinem Team eingefangen und ins Tierheim gebracht. Hier werden sie kastriert und nach etwa drei Tagen kommen sie wieder in ihre gewohnte Umgebung. Denn Füttern allein genügt nicht!
Vor allem aber: „Lassen Sie Ihre Freigängerkatzen unbedingt kastrieren, denn das ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die starke Vermehrung der Straßenkatzen!“