Jedes Jahr werden Millionen lebender Tiere über die Straßen Europas und auch über seine Grenzen hinaus transportiert – für die meisten von ihnen ist das die letzte Reise, denn oft ist die Endhaltestelle der Schlachthof. Auf diesen kilometer- und teilweise tagelangen Fahrten ins Ungewisse geht es den Tieren körperlich und mental äußerst schlecht: Zusammengepfercht auf engstem Raum zu sein, Angst vor der Ungewissheit und oft keinen ausreichenden Zugang zu frischem Trinkwasser oder Futter zu haben, sorgen für unsägliches Tierleid.
Hinzu kommt, dass die Vorschriften, die für Tiertransporte gelten und diese Tierquälerei verhindern sollen, oftmals ignoriert werden, was stichprobenartige Kontrollen aufdeckten. Besonders traumatisch und tierschutzwidrig sind jedoch die Transporte bei der aktuellen Hitzewelle. Bereits ab 20 Grad Celsius sind die Fahrten eine enorme Belastung, bei 30 Grad ist die Lage katastrophal. Man möge sich einmal selbst vorstellen, wie eine 24-stündige Busfahrt in einem nicht klimatisierten Bus ohne Essen und Trinken sich auf das eigene Wohl auswirken würde. Und trotzdem werden Tiere vom Gesetzgeber kaum geschützt.
Einschränkungen von Hitzetransporten seit Juli 2022 ändern nichts am Tierleid
Zahlreiche Proteste bewirkten, dass Anfang Juli dieses Jahres Hitzetransporte in Deutschland eingeschränkt wurden. Was sich zunächst gut anhört, ist jedoch eigentlich nur ein trügerischer Beschluss, denn es sind lediglich Transporte bei Temperaturen über 30 Grad auf eine maximale Dauer von über viereinhalb Stunden untersagt worden. Zudem wurden befiederte Tiere wie Hühner, Wachteln, Puten, Enten oder Gänse von dieser Regelung ausgenommen – dabei machen diese Tiere den Großteil aller lebend transportieren Nutztiere aus. Nicht einmal die Versorgung mit Wasser ist für diese Tiere unter einer Dauer von zwölf Stunden verpflichtend. Es ist nicht selten, dass die Tiere schon während der Fahrt sterben. Tierrechtsorganisationen wie Peta fordern, alle Tiertransporte ab 20 Grad Celsius zu stoppen, wenn es wirklich ein ernstgemeintes Ziel ist, Tierleid zu reduzieren - denn ab dieser Außentemperatur ist mit Hitzestress auf den Ladeflächen zu rechnen. Wenn die Transporter, die in den seltensten Fällen klimatisiert sind, zum Stehen kommen, z. B. an Ampeln oder im schlimmsten Fall im Stau, so staut sich die Hitze und besonders die Tiere, die nicht unmittelbar an einem Luftschlitz stehen, sind brütender Hitze ausgesetzt.
Transporte schwangerer Rinder über das offene Meer
Auch tragende Kühe werden transportiert – und zwar nicht von einem auf einen anderen Bauernhof, um dort in Ruhe ihr Kalb zur Welt zu bringen, sondern als Lebendtransport über die offene See in Nicht-EU-Länder wie Marokko, Algerien oder Ägypten. Unproblematisch und unbedenklich findet diesen Zustand zumindest das Oberverwaltungsgericht der Stadt Lüneburg, welches im letzten Jahr über einen Fall entschied, bei dem Tierschützerinnen und Tierschützer versuchten gegen einen Transport eines niedersächsischen Rinderzuchtunternehmens vorzugehen. Vergebens, denn schlussendlich wurden die 500 trächtigen Tiere nach Nordafrika befördert. Tiere, die ins (außereuropäische) Ausland transportiert werden, werden entweder vor Ort geschlachtet oder als Zuchttiere für den Aufbau neuer Herden benutzt.
Wieso wird kein fertig verarbeitetes Fleisch transportiert?
Traurig, aber leider wahr: Der Transport von lebenden Tieren ist in der Regel billiger als der Transport von Fleisch, welches über eine so lange Strecke in speziellen Kühltransportern befördert werden müsste. Ein weiterer Bereich der Massentierhaltung, in welchem die Wirtschaftlichkeit einen höheren Stellenwert hat als das Tierwohl - oder zumindest einen höheren Stellenwert als die Verringerung von Tierleid, denn auch ein in Deutschland geschlachtetes Tier verbringt kein artgerechtes, angenehmes Leben bis zum Tod.
Es muss also dringend ein Umdenken stattfinden: Die Möglichkeit, billiges Fleisch anzubieten, darf nicht mehr wert sein als die Tiere dahinter, die bei der Haltung, dem Transport und der Schlachtung unsägliches Leid über sich ergehen lassen müssen. Wir fordern: Keine Tiertransporte mehr über einer Außentemperatur von 20 Grad und auch nicht über die Grenzen Europas hinaus!