Abgemagert und mit einer Beinverletzung wurde Yuma auf einem Horner Schulgelände entdeckt. Einer unserer Tierrettungsfahrer konnte sich der ängstlichen Hündin annehmen. Da sie zwar gechipt, aber nicht registriert war, uns keine Vermisstenmeldung vorlag und niemand bei uns vor Ort nach ihr fragte, gingen wir von einer Aussetzung aus – wie es auch in 98 % solcher Fälle zutreffend ist. Bei Yuma war es anders.
Zunächst die wichtigste Nachricht: Yuma geht es gut! Sie ist wieder in ihrer Hundegruppe. Ihre Wunde ist bestens verheilt und sie nahm auch schon wieder ein paar Pfunde zu. Doch wie kam es dazu, dass sie in einem körperlich und mental so schlechten Zustand auf einem Schulgelände im Gebüsch gefunden wurde? Und warum dauerte es so lange, bis sich ihr Halter bei uns meldete?
Die zurückhaltende Jagdhündin gehört einem Verein, der als Hobby die unblutige Schleppjagd betreibt. Dabei läuft eine Hundegruppe, die Meute, hinter Menschen zu Pferd her, die Pansen in einem speziellen Behältnis an einer Schleppleine mit sich führen. Für diese Aktivität züchtet der Verein selbstständig die Hunde und lässt sie zusammen aufwachsen. Bei einer dieser Veranstaltungen auf der Horner Rennbahn am 09. Juli erschrak Yuma und ging sprichwörtlich „ab durch die Hecke“. Eine Woche irrte sie in der Gegend umher, bis sie schließlich seitens Dritter entdeckt und uns gemeldet wurde.
Der Verein selbst blieb nach eigenen Angaben nicht untätig und war im Kontakt mit der Hamburger Polizei – leider aber nicht mit uns. Eine Suchmeldung per Mail oder Facebook hat uns leider auch nie erreicht. Und da der Chip nicht registriert war, lagen uns keine Halterdaten vor. Unser Fahndungsaufruf führte aber dazu, dass der Verein von Yumas Verbleib erfuhr und sich bei uns meldete.
Wir geben es zu: Wir waren misstrauisch, dass die Suche nach Yuma seitens des Vereins so einspurig blieb. Und wir wollten sehen, wie die Hündin und ihre Artgenossen leben. Ist ihre Haltung doch eher Mittel zum Zweck und Yuma, wie man es von Brieftauben kennt, war als „Verschollene“ zu unwichtig geworden?
Zwar haben wir selbst rechtlich überhaupt keine Handhabe, ein Tier, das bei uns als Fundtier eingeliefert wurde, dem rechtmäßigen Eigentümer vorzuenthalten. Aber wir unternehmen doch alles dafür, dass ein Tier, das es nicht gut hatte, durch behördliche Sicherstellung bei uns in Sicherheit bleiben darf. Daher ist es auch wichtig, dass wir fahnden und Strafanzeige erstatten.
Bei Yuma konnte das Eigentum sicher nachgewiesen werden und die Schilderung des Verlustes von Yuma erschien uns plausibel. Wir hatten keine Grundlage, sie nicht an ihre Halter herauszugeben. Dennoch wollten wir es genau wissen. Und hier geht für uns die Recherche immer der schnellen Öffentlichkeitsmeldung vor.
Wir haben daher sehr gerne die Einladung des Vereins angenommen, uns über Yumas Zustand und ihre Haltung ein eigenes Bild machen zu können. Sina Hanke, HTV-Tierschutzberaterin, Sven Fraaß, Pressesprecher, und Vera Düwer, Leiterin der HTV-Hundeschule, folgten der Einladung in die Hundeanlage mit vielen Fragen im Gepäck.
Wir konnten die Haltungseinrichtung und die Hunde umfassend in Augenschein nehmen.
Die mehr als 60 Hunde machten allesamt einen gesunden und munteren Eindruck. Unser Hauptinteresse galt natürlich Yuma – die eigentlich Liese heißt. Wir wurden zu ihr und der Gruppe, in der sie lebt, hineingelassen und konnten zu allen Hunden Kontakt aufnehmen. Gerade die Junghunde waren an Streicheleinheiten von uns sehr interessiert. Yuma-Liese zeigte sich dagegen zurückhaltend. So erlebten wir sie auch bei uns im Tierheim und ihr Naturell führte ja schließlich auch zu ihrer Odyssee. Doch der Hundetrainer und Halter, der die ganztägige Betreuung der Tiere sicherstellt, war ihr sehr vertraut und sie folgte ihm freudig auf Rufe oder Pfiffe. Sie fühlt sich ganz offensichtlich in der Gruppe und in ihrer Umgebung wohl.
Yuma alias Liese können wir also ruhigen Gewissens in der Haltung des Vereins lassen. Rechtlich hätten wir auch gar keine Handhabe gehabt, die Hündin zu behalten oder wieder mitzunehmen. Aber wenn es etwas zu beanstanden gegeben hätte, würden wir uns natürlich an die zuständigen Behörden wenden.
Auch wenn wir uns als Tierschutzverein eine Haltung von Hunden stets als Sozialpartner des Menschen, gerne gemeinsam mit anderen Artgenossen, wünschen, müssen wir akzeptieren, dass es auch andere zulässige Haltungsformen gibt und diese keinen Tierschutzverstoß darstellen.
Wir haben jedoch noch einige Ermahnungen mit auf den Weg gegeben. So regten wir eindringlich an, dass alle Hunde mit ihrem jeweiligen Chip auch in einem Haustierregister angemeldet werden. FindeFix, dass kostenlose Haustierregister unseres Dachverbandes, dem Deutschen Tierschutzbund, ist eine Möglichkeit. Der Schleppjagd-Verein begründet dieses Versäumnis mit der Sorge um Datenschutz. Da aber die Datenweitergabe seitens eines Registers untersagt werden kann und die EU-Datenschutzrichtlinie das noch untermauert, zerschlugen wir diese Angst. Wir appellierten auch an die Verantwortlichen, sich
zukünftig immer direkt an die jeweilige Fundtierannahmestelle (in Hamburg der HTV) zu wenden und regelmäßig Kontakt aufzunehmen – auch auf mehreren Wegen. Eine Chipregistrierung und eine aktive Verbreitung von Suchmeldungen bei entlaufenen Hunden verhindern natürlich Fahndungen und eine unnötig lange Wartezeit bis zur Zusammenführung von Tier und Mensch.
Zu guter Letzt ist es uns als Tierschutzverein wichtig, eine Anregung gegen die Zucht und für mehr Adoptionen mitzugeben. Sicherlich lassen sich auch Hunde aus dem In- oder Ausland für dieses ungewöhnliche Hobby finden und erziehen. Junge Hunde verschiedener Rassen gibt es im Tierschutz, beispielsweise haben Podencos oder andere Fährtenhunde, die in Tötungsstationen in Europa ihr Leben lassen, passende Jagd- und Laufambitionen und wären daher eine tierschutzgerechte Alternative zur Zucht von Hunden für dieses Hobby. So ließe sich dieses Hobby auf besondere Weise mit dem Tierschutz verbinden.
Wir bedanken uns für die Offenheit und Transparenz sowie die Gespräche in guter Atmosphäre und wünschen Yuma-Liese und ihrer Truppe natürlich alles Gute für die Zukunft!