Im HTV verschließen wir unsere Augen nicht vor Tierleid im Ausland: Wir kritisieren wie unser Dachverband, der Deutsche Tierschutzbund, ein Gesetzesvorhaben in der Türkei, das vorsieht, Straßenhunde zukünftig einzuschläfern, wenn sie nach 30 Tagen nicht vermittelt wurden. Nach dem Willen von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan soll die derzeitige tierfreundliche Gesetzgebung zum „Fangen, Kastrieren und Freilassen“ von Straßenhunden rückgängig gemacht werden. Bereits in den vergangenen Monaten wurden Straßenhunde von städtischen Bediensteten oft brutal eingefangen und in städtische Tierheime gebracht, wie Bilder in den sozialen Netzwerken zeigen. Wir befürchten, dass der Rückschritt in der Türkei für die Hunde schlimmere Zustände als in Rumänien zur Folge haben könnte.

Pressemeldung vom 31. Mai 2024

„Die derzeitigen Entwicklungen stellen einen deutlichen Rückschritt für den Tierschutz in der Türkei dar. Es schockiert zutiefst, dass man anstelle des bestehenden tierfreundlichen Konzepts nun auf die grausame und sinnlose Tötung der Straßenhunde setzen will“, sagt Lisa Hoth-Zimak, Fachreferentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. Aktuell sieht die türkische Gesetzgebung noch eine Kastration mit anschließender Kennzeichnung und Wiederfreilassung von Straßenhunden vor – ein Konzept, das vom Deutschen Tierschutzbund befürwortet wird und die Population der Straßenhunde im Lauf der Jahre erfahrungsgemäß sowohl nachhaltig als auch tierschutzgerecht verringern kann. Die Tötung der Tiere hingegen ist laut der Tierschützer tierschutzwidrig und erzielt langfristig nicht den gewünschten Effekt. Frei gewordene „Lücken“ in der Population werden in solchen Fällen meist schnell geschlossen, indem mehr Jungtiere nachfolgen oder Tiere von außerhalb einwandern.

Ein Beispiel für viele Sraßenhunde im Ausland: Ein rumänischischer Straßenhund
bei der Suche nach Nahrung.

Beispiel Rumänien zeigt: Tötungen sind nicht zielführend

Dass die Tötung von Straßenhunden nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt, zeigt sich beispielsweise in Rumänien, wo eingefangene Straßenhunde seit 2013 - nach einem Beißvorfall mit einem vermeintlichen Straßenhund - getötet werden dürfen. An der Anzahl der Tiere hat sich seitdem jedoch nichts geändert. Mit einem ersten, vom Deutschen Tierschutzbund und seinem Mitgliedsverein „Tierhilfe Hoffnung“ initiierten Modellprojekt, setzt ein Landkreis in Rumänien daher nun erstmals wieder auf das Konzept „Fangen, Kastrieren, Freilassen“. Die Tierschützer hoffen auf eine landesweite Ausweitung – und raten der Türkei, mit einer Gesetzesänderung nicht denselben Fehler zu begehen wie einst Rumänien. „Statt sinnlos Leid und Tod zu verursachen, sollte die Türkei die Umsetzung des Konzepts „Fangen, Kastrieren, Freilassen“ optimieren“, sagt Hoth-Zimak. So könnten unter anderem Gelder zur Verfügung gestellt werden, um sowohl freilaufende Besitzertiere als auch herrenlose Straßenhunde zu kastrieren und zu impfen.

Deutscher Tierschutzbund appelliert an politische Vertreter

Bereits im Oktober 2023 hatte sich der Deutsche Tierschutzbund an das zuständige türkische Landwirtschafts- und Forstministerium, die deutsche Botschaft in der Türkei, die türkische Botschaft in Deutschland sowie die deutsch-türkische Parlamentariergruppe im Bundestag gewandt und deutlich gemacht, dass es erforderlich sei, das Management mit Straßenhunden nach dem bewährten Konzept „Fangen, Kastrieren, Freilassen“ fortzusetzen. Eine Reaktion auf die Schreiben blieb bislang aus.