13. August 2018
Es beginnt alles mit einer Hündin, die alleine über die Autobahn 252 zwischen Veddel und Wilhelmsburg läuft. Das Tier ist in einem schlimmen Zustand, völlig ausgemergelt, alle Rippen sind zu sehen. Sie kommt ins Tierheim des Hamburger Tierschutzvereins. Und sofort ist klar, dass die Hündin Babys haben muss, die bis jetzt gesäugt wurden. Sind sie nun in großer Gefahr? Wo sollen wir die Kleinen suchen? Sind sie überhaupt noch am Leben? Antworten kann nur ein aufwändiger Tierschutzeinsatz bringen, bei dem die Tierschutzberatung des HTV durch eine Mitarbeiterin des Hundekontrolldienstes vorbildliche Unterstützung erhält.
Es ist Donnerstag-Vormittag, als der Hundekontrolldienst beim Tierheim Süderstraße vorfährt und American-Staffordshire-Terrier-Hündin Hanna abholt, die einen Tag zuvor gefunden wurde. Die Amtsveterinärin, unsere HTV-Tierschutzberaterin Sina Hanke und ein Streifenwagen gehören mit zum Team. Die Idee: Mit der Hündin zur Veddeler Brückenstraße fahren, die in unmittelbarer Nähe zum Auffindeort liegt – und hoffen, dass das Tier den Weg nach Hause findet. Und somit zu ihren Welpen. Es ist eine mühsame Suche, aber die einzige Chance, die Welpen zu finden. Mit der gutmütigen Hanna an der Leine geht es die Straße runter und in Hinterhöfe rein. Spaziergängerinnen und Anwohner werden befragt. Kennt irgendjemand die rotbraune Hündin mit den weißen Abzeichen?
„Es gab den Hinweis von zwei Anwohnerinnen, dass die Hündin zwei Personen aus dem Drogenmilieu gehören könnte“, sagt Tierschutzberaterin Sina Hanke. Der Tipp führt Hundekontrolldienst, Amtsveterinärin, Polizei und HTV zur Straße Am Gleise. Hier war erst vor Kurzem eine schwerkranke Hündin mit einem kindskopfgroßen Tumor ausgesetzt worden. Der HTV hatte den Fall öffentlich gemacht und das Schicksal der Hündin rührte viele Hamburgerinnen und Hamburger. Konnte es wirklich sein, dass zwei so gravierende Tierschutzverstöße innerhalb kurzer Zeit in einer Straße stattgefunden hatten? Doch hier kennt keiner Hanna. Die Spur läuft ins Leere. Aber an der Veddeler Brückenstraße hatte eine junge Frau noch einen weiteren Tipp gegeben – er führt Amtsveterinärin, Hundekontrolldienst, Polizei und HTV in eine andere Gegend auf der Veddel.
Wieder wird Hanna an der Leine auf die Straße geführt. Und diesmal könnte es der richtige Ort sein. Geradewegs läuft die Hündin auf einen Hauseingang zu und bleibt vor der Tür sitzen. Ein Autofahrer will gerade aus einer nahegelegenen Toreinfahrt auf die Straße einbiegen – Sina Hanke stoppt den Mann, um ihn zu befragen. Es stellt sich heraus, dass der Zeuge das Gebäude gut kennt, vor dem Hanna sitzen geblieben ist. „Er wusste auch, dass die Bewohner im Erdgeschoss einen Hund haben“, sagt Sina Hanke. Es öffnet nur keiner, die Wohnung scheint leer zu sein. Oder sind die Welpen nur vom Fenster aus nicht zu sehen? Und wieder kann der Zeuge helfen – mit einer Handynummer. Die Zeit drängt. Es ist nicht bestimmbar, wie alt die Welpen genau sind und damit, ob für sie die Milch der Mutter noch dringend erforderlich ist. In jedem Fall leiden Welpen und Mutter psychisch und physisch unter der Trennung, die Hündin sucht in ihrer Verzweiflung ununterbrochen nach ihren Kindern. Und ihr Gesäuge ist prall mit Milch gefüllt. Wenn die Welpen nicht bald gesäugt werden, erleidet die Hündin einen schmerzhaften Milchstau. Und natürlich brauchen auch die Welpen ganz dringend ihre Mutter. Von ihr werden sie in den ersten acht Wochen nicht nur mit Milch ernährt. Sie prägt ihre Kinder auch, macht sie fit fürs Leben.
Die Amtsveterinärin tippt die Nummer der mutmaßlichen Hundehalterin in ihr Handy ein, telefoniert mit einer Frau. Und ja, ihr Lebensgefährte hätte eine Hündin – die sei aber weggelaufen. Und die Welpen habe ihr Freund gestern weggebracht, sie wisse nicht wohin. Für die Amtsveterinärin ist damit erst mal Ende der Ermittlungsarbeit. Eine engagierte Hundekontrolleurin und HTV-Tierschutzberaterin Hanke wollen sich damit nicht zufriedengeben. Sie suchen das Gelände um das Haus ab, gucken auch in die Kellerräume. Aber die Welpen bleiben verschwunden. War also alle Mühe umsonst?
Am Nachmittag wollte die Frau nach eigenen Angaben wieder zu Hause sein. Auch ihr Freund wäre dann da. Doch als kurz vor 15 Uhr unsere Tierschutzberaterin wieder vor Ort ist, ist die Wohnung immer noch verwaist. Es muss aber jemand dagewesen sein, alle Gardinen sind plötzlich zugezogen. Von den Welpen gibt es immer noch keine Spur. Ernüchtert fährt HTV-Tierschutzberaterin Sina Hanke wieder ins Tierheim Süderstraße.
Eine Stunde später dann die erlösende Nachricht. Der Halter hat sich beim Hundekontrolldienst gemeldet und dieser hat sofort die Welpen bei ihm abgeholt – und sichergestellt. Die Welpen werden sofort zur Mutter gebracht.
Ein Tierschutz-Krimi geht mit einem Happy End zu Ende, weil Behörden und Tierschutzverein sehr gut zusammengearbeitet haben. Riesenfreude bei Hanna und ihren sechs Welpen, als die Tiere zusammengeführt werden. Die Hündin schnuppert sofort an ihren Kindern, die laufen aufgeregt hin und her. Das sind die Momente, nach denen wir wissen, warum es sich jeden Tag wieder lohnt, für den Tierschutz im Einsatz zu sein – auch wenn man dadurch ein Übermaß an menschlicher Grausamkeit erlebt.
Freuen Sie sich auch auf unseren Bericht über Hanna und die Kinderstube ihrer Babys. Noch ein Hinweis: Die Welpen sind aktuell nicht frei zur Vermittlung – deswegen können wir derzeit auch noch keine Fragen zu den Tieren beantworten.
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