Nach leidvollen Erfahrungen darf Annelie nun endlich in einem liebevollen Zuhause ankommen.

Annelie war noch sehr jung, als sie von ihrem Halter misshandelt behördlich sichergestellt wurde. Wir nahmen die lebensfrohe Hündin in unsere Obhut, versorgten ihre Wunden und kämpften dafür, dass sie die Chance auf ein unbeschwertes Hundeleben bekommt mit Erfolg. Besonders freut uns, dass wir die tapfere Hündin schnell in eine fürsorgliche Familie vermitteln konnten.

Mit gerade einmal dreieinhalb Monaten wurde Annelie, wie wir sie nannten, von ihrem Besitzer getreten und durch die Luft gewirbelt, sodass Passanten die Polizei zur Hilfe riefen. Der Besitzer zeigte sich gegenüber den Zeugen und der Polizei aggressiv und uneinsichtig. Neben Annelie führte der Halter einen weiteren Hund mit sich. Beiden Tieren waren die Ohren abgeschnitten worden. Annelies Wunden waren noch ganz frisch, sodass das Nahtmaterial noch zu sehen war. Darüber hinaus machte der Halter widersprüchliche Angaben zu den Eigentumsverhältnissen.

Um den rechtmäßigen Eigentümer zu ermitteln, die Rasse bestimmen zu können und die Verletzungen des Welpen begutachten zu lassen, wurde Annelie mitsamt ihrem Leidensgenossen von der Polizei sichergestellt und im Februar 2019 zum HTV gebracht.

Die Eigentümerin des zweiten Hundes konnte schnell ermittelt werden. Hierbei handelte es sich um die Ex-Frau von Annelies vermeintlichem Besitzer. Da die Rechtsgrundlage fehlte, auch diesen Hund zu beschlagnahmen, wurde er an seine Eigentümerin zurückgegeben. Für Annelie begann jedoch eine lange Zeit des Wartens.

Annelies Ohren wurden massiv verstümmelt.
Die offenen Wunden wurden nur dilettantisch genäht und entzündeten sich schmerzhaft.

Annelies Eingangsuntersuchung beim HTV ergab, dass beide Ohren NICHT fachmännisch kupiert worden und die Wundränder offen, hochgradig entzündet und wulstig waren. Zudem wurden die Wunden nur dilettantisch genäht/geklammert und eiterten bereits. Die Tierärztin des HTV gibt darüber hinaus an, dass die Verstümmelung erst vor ca. fünf Tagen stattgefunden hat, sodass davon ausgegangen werden kann, dass sich der Hund zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz der aktuellen Halter befunden hat.

Das sog. Kupieren — zutreffender: Verstümmeln — von Hundeohren verursacht nicht nur erhebliche, sondern auch länger anhaltende Schmerzen; strafbar macht sich auch, wer das Kupieren im Ausland veranlasst. Damit hat sich sowohl die Person, die der Hündin die Ohren kupiert hat, als auch die, die dies veranlasst hat, nach § 17 Nr. 2 b Tierschutzgesetz der quälerischen Tiermisshandlung strafbar gemacht.

Wegen der Misshandlungen an Annelie erhielt der Tierhalter eine Strafanzeige, da er sich nach § 17 Nr. 2a und Nr. 2b TierSchG strafbar gemacht hat. Darüber hinaus wurde unsererseits angeregt, ihm ein Tierhaltungsverbot aufzuerlegen, da er charakterlich nicht in der Lage erscheint, ein Tier zu halten (Ergebnis unbekannt). Wenige Tage nachdem Annelie zum HTV gebracht worden war, erschienen zwei zwielichtige Männer, die sich explizit nach ihr erkundigten. Sie gaben an, mit dem Besitzer über mehrere Ecken verschwägert zu sein und fragten, wann sie Annelie mitnehmen könnten und wie viel sie bezahlen müssten. Auf die furchtbar verstümmelten Ohren angesprochen, reagierten sie teilnahmslos. Auf die Erklärung, dass diese Verstümmelung tierschutzwidrig sei und mindestens mit einer Geldstrafe geahndet werden würde, erwiderten die Männer, dass es „auf eine Geldstrafe mehr oder weniger“ nicht ankommen würde. Das aggressive Auftreten von Annelies‘ Besitzer und die Aussagen der „Interessenten“ lassen erahnen, welcher Klientel Annelies Besitzer sowie sein Umfeld zuzuordnen sind.

Wir ermittelten: Eine Internetrecherche ergab, dass die Ex-Frau von Annelies vermeintlichem Besitzer mit American und Exotic Bullys Handel betreibt. Ihr Ex-Mann scheint ebenfalls in den Handel involviert zu sein. Es kam der Verdacht auf, dass Annelie für die beiden „Interessenten“, die beim HTV erschienen sind, „bestellt“ und möglicherweise auf deren Wunsch kupiert worden war.

Die Ex-Frau gab gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten und dem Veterinäramt an, dass auch Annelie ihr gehören würde. Da Annelie laut Rassegutachten zu 60 % Erbanteile der Rasse American Staffordshire Terrier in sich trägt und aus ihren schwedischen Registrierungsunterlagen hervorgeht, dass sie in Schweden gezüchtet wurde, hat sich die Ex-Frau mit der Einfuhr eines sog. Kategoriehundes (American-Staffordshire-Terrier-Mischling) aus dem Ausland nach Deutschland nach §§ 2Abs. 1, 5 Abs. 1 HundVerbEinfG strafbar gemacht.

Weiterhin geht aus den schwedischen Registrierungsunterlagen hervor, dass Annelie am 5. November 2018 geboren worden ist. Ihre gesetzlich vorgeschriebene Tollwutimpfung hätte frühestens 12 Wochen nach ihrer Geburt, also am 28.01.2019, erfolgen dürfen. Bezogen auf den Tollwutschutz hätte sie frühestens nach 21 Tagen, also am 18.02.2019, nach Deutschland reisen dürfen. Sichergestellt wurde Annelie jedoch bereits am 17.02.2019. Somit wurde Annelie durch ihre Besitzer illegal ohne ausreichenden Tollwutschutz nach Deutschland gebracht.

Während der Ermittlungen machten die beiden Halter mehrfach widersprüchliche Angaben. Sowohl zu den Eigentumsverhältnissen als auch zu Annelies Herkunft und der Frage, was nach der Rückgabe mit ihr geschehen wird.

Für uns völlig unerwartet und zu unserem größten Entsetzen: Trotz der Widersprüche, der Misshandlungen und obwohl bis zu diesem Zeitpunkt nicht geklärt werden konnte, wer sie so verstümmelt hat, entschied das zuständige Veterinäramt des Bezirks Nord im März 2019, dass Annelie an ihre Besitzerin zurückgegeben werden soll.

Der HTV sprach sich sehr klar gegen diese Entscheidung aus und machte deutlich, dass eine Halterrückgabe für den HTV völlig inakzeptabel ist. In mehreren Telefonaten und Schreiben legte der HTV seine Beweggründe dar und stellte dem Bezirksamt Nord sämtliche von uns mittlerweile ermittelten Erkenntnisse und sämtliches Recherchematerial zur Verfügung.

Daraufhin hatte das Veterinäramt des Bezirks Nord ein Einsehen, zog seine Entscheidung vorerst zurück und teilte mit, den Sachverhalt erneut und eingehend prüfen zu wollen.

Wir waren erleichtert und dankbar für diese Überprüfung. Seitens der Behörde erfolgte danach leider keine weitere Rückmeldung an den HTV. Wir fragten regelmäßig nach und erhielten von Ende März 2019 bis Mitte September lediglich die wiederkehrende Antwort, dass die verwaltungsinternen Klärungen noch nicht abgeschlossen seien und es nichts Neues zu berichten gäbe.

Annelie mit knapp fünf Monaten in unserer Obhut: Ihre Wunden verheilen langsam.
Gemeinsam mit ihren Menschen kann die tapfere Hündin nun in eine glückliche Zukunft blicken.

Jetzt am 23. September kam endlich die erlösende Nachricht für uns und Annelie. Sie musste nicht zurück zu ihren Peinigern und verblieb so weiter in unserer Obhut. Während der Zeit des verwaltungsrechtlichen Verfahrens wuchs sie heran. Aus dem Welpen wurde ein knapp einjähriger Junghund. Wir sind besonders froh, dass Annelie nun Teil einer liebevollen Familie ist und obendrein auch noch einen neuen Hundekumpel an ihrer Seite hat!

Diese glückliche Wendung für Annelie wäre ohne die wichtige Arbeit unserer Tierschutzberatung als Anwalt der Tiere nicht möglich gewesen. Wenn Sie diese Arbeit unterstützen möchten, spenden Sie online oder direkt auf das nachfolgende Konto.

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