Pressemitteilung
Der Hamburger Tierschutzverein von 1841 e. V. (HTV) rief gemeinsam mit Animals United, Hilf der Welt (HDW) und Map of Hope zur ersten großen Online-Demo gegen das LPT (Laboratory of Pharmacology and Toxicology) im Norden auf – mit vollem Erfolg, auch wenn der digitale Protest anfänglich etwas anders lief als geplant.
Knapp 2.000 Aufrufe verzeichnete die Live-Übertragung allein auf dem HTV-YouTube-Kanal – über das Facebook-Profil von Demo-Moderator Peter-Hübner wurden mehr als 3.700 Menschen erreicht. Die Zuschauenden beteiligten sich mit Fragen und mehr als 600 Kommentaren aktiv an den Gesprächen.
Aufgrund technischer Schwierigkeiten konnte die Demo erst zeitverzögert beginnen und massive Spam-Angriffe hielten den HTV bei Facebook auf Trab – die Veranstalter sind indes zufrieden: „Unser Ziel war es, möglichst viele Menschen über Tierversuche und insbesondere die Verbrechen des LPT aufzuklären und für Tierrechte zu sensibilisieren. Das ist geglückt und wird auch weiterhin unsere Aufgabe sein, der wir uns immer wieder neu stellen werden“, erläutert HTV-Vorstandsmitglied Nick Martens, der die Veranstaltung eröffnet hatte. Er kritisierte: „Das LPT in Neugraben darf wieder Tiere zu Tode quälen – mit dieser Entscheidung hat das Verwaltungsgericht Hamburg nicht einmal den Ausgang laufender Strafverfahren abgewartet.“ Zudem wies er Gerüchte entschieden zurück, der HTV könnte womöglich die Fläche und Gebäude des LPT in Mienenbüttel zur Nachnutzung übernehmen.
Greenwashing und ein „weißer Fleck“
Die dynamischen Live-Interviews führte der Tierrechtler Peter Hübner, der sich mit seinen öffentlichen Auftritten als Ex-Metzger und Veganer einen Namen gemacht hat. Peter Hübner: „Das große Problem bei Tierversuchen ist: Wir kommen nur schwer an interne Informationen heran. Einen Bauer und seine Tiere sieht man vielleicht noch auf dem Feld stehen, in ein Tierversuchslabor erhält man keinen Einblick.“ Spannende und fundierte Fakten im Gespräch lieferten auch die Ärztin Katharina Feuerlein von Ärzte gegen Tierversuche (Hamburg) sowie die Blogger und Tierrechtler Eckhard Kretschmer von Map of Hope und André Peters von Animal Equality.
Eckhard Kretschmer setzte sich mit den Strafanzeigen gegen das LPT und den ehemaligen Geschäftsführer Jost Leuschner auseinander: Affen in Einzelhaltung – an Händen gefesselt, am Kopf fixiert und geschlagen, blutende Hunde, gequälte Katzen – den Tieren wurden seelische und körperliche Grausamkeiten angetan, ganz zu schweigen von den mutmaßlich jahrzehntelang gefälschten Studienergebnissen durch das LPT.
Von den Skandalen blieb der Betrieb am LPT-Standort auf Gut Löhndorf, den Kretschmer als „weißen Fleck“ bezeichnete, bis heute unberührt. Ein Angestellter, der einen Affen misshandelt hatte, wurde zum Beispiel ebenfalls auf Gut Löhndorf eingesetzt. „Auch in Schleswig-Holstein sollten die Behörden intensiver lesen, was die Staatsanwaltschaft Stade an Material von Soko Tierschutz, Ärzte gegen Tierversuche und weiteren erhalten hat. Denn folgt man dieser Argumentation, ist unverständlich, wie auch nur an einem LPT-Standort aktuell Tierversuche stattfinden dürfen.“ Das Auftreten des LPT unter dem neuen Geschäftsführer Thomas Wiedermann bezeichnete André Peters von Animal Equality als Greenwashing mit dem Ziel, neue Kunden zu gewinnen und die Bevölkerung zu beruhigen: „Wir dürfen nicht vergessen, dass das LPT ein wirtschaftlicher Betrieb ist, in dem am Ende alle Tiere getötet werden.“ Allein im LPT in Neugraben wurden 2018 mehr als 96.500 Tiere „verbraucht“.
„Der Tierversuch ist die falsche Hürde“
Im Interview stellte Katharina Feuerlein von Ärzte gegen Tierversuche (Hamburg) klar: „Der Tierversuch bringt uns nicht weiter, da Tiere ein anderes Immunsystem und andere Lebensbedingungen haben.“ Die bekannten und viel verwendeten Medikamente Aspirin und Penicillin wären zum Beispiel im Tierversuch durchgefallen. Von den an Tieren getesteten Medikamenten werden nur fünf Prozent überhaupt am Menschen eingesetzt – und auch hier kommt es zu Rückrufen – mit gefährlichen Folgen. „Wir wissen überhaupt nicht, welche Medikamente uns vorenthalten werden, weil der Tierversuch die falsche Hürde ist“, mahnt Feuerlein. Sie verwies auf bewährte Alternativen zum Tierversuch. So lassen sich beispielsweise Stammzellen aus menschlichen Haarwurzeln herstellen. Mit diesem und weiteren Verfahren können menschliche und funktionsfähige Organe entwickelt oder originalgetreu nachempfunden werden, um zuverlässige Testergebnisse zu liefern. In einer Datenbank bündeln Ärzte gegen Tierversuche tierversuchsfreie Forschungsmethoden. Die im Juli 2020 gestartete „NAT-Database“ erhält bereits mehr als 250 Einträge zu weltweit entwickelten Alternativverfahren.
Weniger als 1 Prozent fließt in alternative Forschung
Die Finanzierung der Freien und Hansestadt Hamburg zeigt: Es wird deutlich zu wenig in tierleidfreie Alternativen investiert. So steht dem Forschungspreis zur Förderung von Alternativen, der 2020 auf 50.000 Euro dotiert ist, eine Summe von 32 Millionen Euro für das neue UKE-Versuchslabor gegenüber. Bundesweit fließt weniger als ein Prozent der Fördergelder in tierversuchsfreie Forschung. Derweil sterben jährlich mehr als 2,8 Millionen Tiere im Tierversuch – davon 263.256 Tiere in Hamburg (Stand 2018). Zusätzlich wurden 3,9 Millionen Tiere getötet, die nicht in der BMEL-Statistik erfasst sind.
„Wenn Tiere nicht mit uns vergleichbar sind, sind Tierversuche sinnlos. Sind Tiere mit uns gleichzustellen, dann können wir Tierversuche moralisch nicht vertreten“, konstatiert André Peters von Animal Equality. Die Industrie kämpft dafür, den Status Quo über politische Wege und die Lobby zu erhalten. Woran es deutlich mangelt, ist eine Lobby für die Tiere – und daran wollen und müssen wir dringend etwas ändern. Ein erster Schritt wäre, die bereits durch Alternativen ersetzbaren Versuche nicht mehr an Lebewesen vorzunehmen und so sukzessiv den Ausstieg zu vollziehen.
Eckhard Kretschmer von Map of Hope appelliert auch an jede*n Einzelne*n: "Bleibt (digital) aktiv, fragt eure Politiker, ob sie das Thema Tierversuche auf dem Schirm haben, fragt bei der Staatsanwaltschaft und den Behörden nach, wie es in Bezug auf das LPT weitergeht und verbreitet euer Wissen über das LPT.“
Der Hamburger Tierschutzverein von 1841 e. V. bedankt sich herzlich bei allen Organisationspartnern und Gesprächsteilnehmer*innen sowie bei allen Zuschauenden für die große Unterstützung, um dieses Thema weiterhin öffentlich zu bewegen – und damit gemeinsam entscheidende Fortschritte zu machen, damit das grausame Tierversuchsgeschäft nicht noch mehr Opfer fordert.
Demo verfasst? Hier finden Sie den kompletten Mitschnitts unseres LPT-Protests vom 21.11.2020:
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