Maja ist noch ganz verdutzt: In einem Waldstück wurde sie sich selbst überlassen.

Pressemitteilung

Die Sommerferien in Hamburg sind zu Ende – und der Hamburger Tierschutzverein (HTV) zieht eine bittere Bilanz für die vergangenen Wochen. Zwischen dem Ferienbeginn am 25. Juni und Ferienende am 05. August 2020 mussten insgesamt 156 mutmaßlich ausgesetzte Tiere im Tierheim Süderstraße aufgenommen werden. Hinzu kommen 98 abgegebene Tiere.

„Es ist immer wieder erschütternd, wie skrupellos Halter*innen mit den ihnen anvertrauten Tieren umgehen. Dass Ferien oder Urlaub einen höheren Stellenwert haben als die Versorgung des eigenen Schutzbefohlenen, ist mir unbegreiflich“, betont die 1. HTV-Vorsitzende Janet Bernhardt. Sie appelliert: „Wenigstens den Gang in das nächstgelegene Tierheim sollte ein Mensch unternehmen, der sein Tier nicht mehr versorgen kann oder möchte, um Schlimmeres zu verhindern und damit seiner Verantwortung gerecht zu werden.“ Schon vor Beginn der Sommerferien berichtete der HTV über besonders erschütternde Tieraussetzungen.

Seit dem 25. Juni 2020 wurden 5 Hunde, 64 Katzen, 11 Kaninchen, 1 Frettchen, 26 Ziervögel (darunter 2 Amazonen und 1 Lori), 2 Hühner, 1 Pfau, 1 Hausgans, 27 Tauben (darunter 1 Diamanttäubchen), 15 Schildkröten, 2 Axolotl und 1 Spinne gefunden, im Tierheim aufgenommen und von ihren Familien nicht wieder abgeholt. Die vergleichsweise geringere Zahl der ausgesetzten Hunde ist auf die in Hamburg herrschende Chip-Pflicht zurückzuführen.

Unter den diesjährigen Ferienopfern:

Warum wurde Tay angebunden und im Stich gelassen?
Britney B. hatten starken Milbenbefall im Ohr, als man sie fand. Wir pflegen sie fürsorglich.
Shar-Pei-Mischling Tay wurde am 17. Juli abends auf einem Hundeplatz angebunden, direkt neben dem Tierheimgelände. Da Tay 2017 bereits einmal im Tierheim Süderstraße aufgenommen wurde, ist der Halter bekannt. Die HTV-Tierschutzberatung hat Anzeige gegen ihn gestellt. Tay versucht derzeit mithilfe der liebevollen Pflege der HTV-Tierpfleger*innen seinen Verlust zu verkraften - kein Wunder, dass er Fremden gegenüber unsicher ist.

Die Frettchendame Britney B. wartete in Altona auf ihre Rettung - am 02. Juli hat sie dort eine Finderin entdeckt und in den HTV gebracht. Bis heute hat sie offensichtlich niemand vermisst oder nach ihr gefragt. Das Frettchen hatte starken Ohrmilbenbefall, zu lange Krallen und zum Teil schütteres Fell am Kopf. Dank guter Pflege zeigt es sich mittlerweile munter. Gerade Kleintiere werden häufig wie Abfall entsorgt, sie können sich oft nicht bemerkbar machen und verenden qualvoll.

In dieser Box hat man Maja ausgesetzt.
Auch Mama Ella ist sich selbst überlassen worden.
Einfach über den Zaun geworfen wurde unser Farin.

Am 08. Juli kam diese dreifarbige Katze, die im HTV Maja genannt wurde, als Fundtier ins Tierheim. In einem Waldstück harrte sie allein gelassen in einer Transportbox aus. Der Käfig war geöffnet und vor ihm lag etwas Futter – dennoch hätte Maja in der Natur wohl nicht lange überlebt.

Am 13. August wurde diese etwa einjährige Katze, im Tierheim Süderstraße heißt sie Ella, in einem Transportkorb ausgesetzt. Bei der Aufnahme hatte Ella ein stark ausgebildetes, laktierendes Gesäuge. Das weist darauf hin, dass sie Nachwuchs hatte. Ob die Katzenkinder zu früh von ihrer Mutter getrennt wurden – ohne Ersatzmilch ein Todesurteil – oder verstorben sind, bleibt unklar.

Die Grausamkeit kennt keine Grenzen – so sind nicht nur Säugetiere unter den Sommeropfern. Hahn Farin wurde wie Müll entsorgt. Am 17. Juli warf man ihn auf das Grundstück seiner Finderin. Farin hatte Durchfall und eine ganz verklebte Kloake, darüber hinaus hatte er mit Hautproblemen zu kämpfen und kupierte Schwingen, sodass er nicht fliegen konnte.

In einem blutverschmierten Karton wurden diese beiden Kaninchen, Krümel und Klara getauft, gefunden - ausgesetzt an einer Autobahnraststätte in der Lüneburger Heide. Krümel konnte leider nur noch erlöst werden: Sie hatte einen deutlich sichtbaren und aufgeplatzten Tumor zwischen den Vorderläufen, der ihr große Schmerzen bereitet haben muss. Ein Schicksal, das hätte verhindert werden können, wenn sich ausreichend um ihr Wohl gekümmert worden oder sie zumindest in einem Tierheim abgegeben worden wäre. Klara konnte immerhin in liebevolle Hände vermittelt werden.

Klara und die schwer verletzte Krümel ...
... wurden in einem Karton gefunden.
Krümel hatte einen großen aufgeplatzten Tumor - ihr war leider nicht mehr zu helfen.

Neben den ausgesetzten Tieren wurden während der Hamburger Sommerferien zusätzlich 98 Tiere von ihren Halter*innen im Tierheim Süderstraße abgegeben. Es waren 10 Hunde, 47 Katzen, 25 Kleinsäuger (darunter 15 Kaninchen und 3 Degus), 7 Schildkröten, 6 Ziervögel (darunter 1 Graupapagei) und 3 Hühner. Trotz der großen Anzahl der in den vergangenen Wochen aufgenommenen Tiere können alle Schützlinge von den Tierpfleger*innen liebevoll betreut und bestmöglich versorgt werden.

Das Aussetzen eines Tieres ist strafbar!

In allen oben genannten Fällen von ausgesetzten Tieren bittet der HTV die Hamburger*innen um Hinweise, die zur Ermittlung des Halters oder der Halterin führen können. Zudem appelliert der HTV eindringlich an alle Menschen, die ihr Tier nicht mehr halten können, dieses Familienmitglied im Tierheim abzugeben. Eine persönliche Abgabe ist nicht nur eine Frage des Anstands und Respekts, sondern erleichtert auch die Vermittlung, indem unsere Tierpfleger*innen möglichst viel über Verhalten und Neigungen des Tieres erfahren können. Außerdem muss bei einem abgegebenen Tier keine Fundfrist abgewartet werden und die Mitarbeiter*innen des HTV können sofort mit der Suche nach einem fürsorglichen Zuhause beginnen.

Gemäß § 3 Abs. 3 Tierschutzgesetz (TierSchG) ist es verboten, ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen oder sich der Halter- oder Betreuerpflicht zu entziehen. Unerheblich ist, ob durch das Aussetzen eine konkrete oder abstrakte Gefahrenlage für das Tier entsteht. So erfüllt grundsätzlich auch das Anbinden am Tierheimtor den Tatbestand des Aussetzens. Das Aussetzen ist eine Ordnungswidrigkeit und kann gemäß § 18 Abs.1 Nr.4 TierSchG mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro bestraft werden. Im Einzelfall, so wenn das Tier durch die Aussetzung zu Tode kommt, handelt es sich um eine Straftat gem. § 17 TierSchG. Diese kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden.