Die Stadttaube ist ein heimatloses Haustier. Sie benötigt menschliche Fürsorge.

Pressemitteilung

Der Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. (HTV) erhielt vom Hamburger Senat eine absolut enttäuschende Antwort auf seinen Antrag zur Aussetzung des Taubenfütterungsverbotes auf öffentlichen Flächen oder zumindest zum Verzicht auf Ahndung bei Fütterungen. Dabei machen andere Städte wie Kiel, Salzgitter und Braunschweig Ausnahmen von Fütterungsverboten vor. Denn der Wegfall der menschlichen Abfälle in den Innenstädten durch die Pandemie-Maßnahmen macht den standorttreuen Stadttauben das Überleben so gut wie unmöglich.

Der Vorstand des HTV hat sowohl Hamburgs 1. Bürgermeister, Dr. Peter Tschentscher, die 2. Bürgermeisterin Katharina Fegebank als auch die Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz, Cornelia Prüfer-Storcks, auf ihre Verantwortung für die Stadttauben, bei denen es sich um verwilderte Haustiere handelt, schriftlich und fundiert hingewiesen. Doch mehr als eine knappe und inhaltlich falsche Antwort aus dem Bürgerbüro des 1. Bürgermeisters an die Mitarbeiterin des HTV, die das Schreiben im Auftrag sendete, war den Entscheidungsträger*innen bisher nicht abzugewinnen:

Sehr geehrte Frau Kramer,

vielen Dank für Ihre E-Mail.

Sie rufen dazu auf, das Fütterungsverbot von Stadttauben auszusetzen, um die Tiere auf öffentlichem Grund füttern zu können. Wir möchten bereits an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Rechts- und Verfassungslage keine „notstandsbedingten“ Aussetzungen von Verordnungen oder Gesetzen zulässt.

Wir stimmen Ihnen zu, dass für die Stadttauben derzeit erschwerte Bedingungen der Futtersuche bestehen. Die Taubenfütterungsverbotsverordnung lässt keine Ausnahmen vom Fütterungsverbot auf öffentlichem Grund zu. Auf privatem Grund Tauben zu füttern, ist laut Taubenfütterungsverbotsverordnung erlaubt und ermöglicht Entsprechendes. Diese Variante ist auch wegen der aktuell von der Bevölkerung erwarteten Verhaltenshinweisen in Zusammenhang mit dem Corona-Virus vorzugswürdig Für Ihren Einsatz im Sinne der Tiere – gerade unter den derzeitigen schwierigen Bedingungen – möchten wir uns bedanken.

Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund

René A.

Dieses Schreiben ging wortgleich auch an andere Vereine und Tierschützer*innen. Von den Büros der Zweiten Bürgermeisterin beziehungsweise der Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz blieben Antworten an uns komplett aus.

Mit Taubenschlägen kann man für genügend artgemäße Nahrung sorgen und die Bestände tierfreundlich regulieren.
Dabei hat sich der HTV sogar bereit erklärt, alle Kosten, die mit der Einrichtung und dem Betrieb von Fütterungsplätzen für die Tauben verbunden sind, wie Personal- und Futterkosten, in dieser besonderen Situation zu übernehmen.

Wenn der HTV in den Augen des Hamburger Senats keine qualifizierte Antwort verdient, an der man erkennen kann, dass sich die Verantwortlichen ernsthaft mit dem Anliegen, die verwilderten Haustauben vor einem qualvollen Hungertod zu bewahren, auseinandergesetzt haben, dann doch wenigstens die tausenden Tierschützer*innen in Hamburg. Diese sind entsetzt von der behördlichen und politischen Ignoranz. Denn es ist schlicht und ergreifend nicht hinnehmbar, dass Verantwortungsträger*innen sich jeder fachlichen Auseinandersetzung entziehen – vom fehlenden Mitgefühl ganz abgesehen. Schlimmer noch: Die tierschutz- und tierfeindliche Politik des Senats setzt sich gnadenlos über alle fachlichen Argumente hinweg und erschüttert auch viele Bürger*innen dieser Stadt, wie in den sozialen Medien ganz deutlich wird. Dabei sollte gerade die aktuelle Corona-Pandemie jedem vernunftbegabten Menschen verdeutlichen, dass unser Umgang mit Tieren längst zu einem existentiellen Problem, auch für uns selbst, geworden ist.
 „Stellen Sie sich nur einen Moment vor, es wären Hunde oder Katzen, die jetzt auf unseren Straßen dem Hungertod ausgeliefert wären“ verdeutlicht Sandra Gulla, 1. Vorsitzende des HTV, die grausame Taubenpolitik dieser Stadt. Das städtische Taubenfütterungsverbot auf allen öffentlichen Flächen soll ausnahmslos, auch in der für die Tiere absolut prekären Situation durch die Corona-Krise gelten.
Besonders dramatisch ist die Situation in St. Georg. Denn ausgerechnet in dieser Zeit fand für eine erforderliche Dachsanierung der Rückbau des HTV-Taubenschlages auf der Moschee am Steindamm statt. Seit Monaten bittet der HTV um behördliche Hilfe bei der Findung einer alternativen Unterkunft für die standorttreuen Tiere. Doch er erhielt nur leere Worte, keine Lösung und keinerlei Unterstützung durch die Freie und Hansestadt Hamburg, nicht einmal die Möglichkeit alternative Fütterungsplätze auf städtischem Grund einzurichten.

Bundesweite Unterstützung erhalten die Stadttauben von der Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz. Diese gab ein Rechtsgutachten in Auftrag, welches zu dem Schluss kommt, dass Taubenfütterungsverbote rechtswidrig seien, da sie einen qualvollen Hungertod in Auftrag gäben. Dies sei mit dem Tierschutzgesetz nicht vereinbar, welches verbietet, Wirbeltiere ohne triftigen Grund zu töten. 105 Städte, darunter auch Hamburg, wurden nun mit einem Schreiben der Stiftung aufgefordert, für eine kontrollierte Fütterung der Stadttauben zu sorgen, respektive diese zuzulassen. Zudem wird vor dem Verwaltungsgericht in Fulda gegen das dortige Fütterungsverbot geklagt, diese Entscheidung kann große Signalwirkung für andere Städte haben.

Auch der Vorstand des HTV wird alle rechtlichen Möglichkeiten von Expert*innen prüfen lassen, gegen das rechtswidrige absolute Taubenfütterungsverbot auf öffentlichem Grund in Hamburg vorzugehen. Noch ist nicht vorhersehbar, welche Chancen die Tauben auf diesem Wege haben. Doch es soll nichts unversucht gelassen werden, um den erbarmungslosen Umgang mit diesen vom Menschen abhängigen Mitgeschöpfen zu beenden.

Wirbeltiere absichtlich verhungern zu lassen ist rechtswidrig.
Der Taubenhort auf dem Tierheimgelände.