Verantwortung übernehmen: Katzen kastrieren!

Streunerkatzen fristen ein elendiges Dasein im Verborgenen. Zahlen und Statistiken über ihre Zahl gibt es nicht: Wie kann man auch etwas zählen, das man nicht sieht? Laut Schätzungen leben etwa 10.000 Streuner auf Hamburgs Straßen und etwa zwei Millionen in Deutschland. Unser Katzenrettungsteam betreut mit ehrenamtlicher Hilfe rund 400 Streunerkatzen im Jahr – ein Tropfen auf den heißen Stein. Ende März entscheidet der Hamburger Senat über die Einführung einer Katzenschutzverordnung. Einige unserer Expertinnen erläutern, warum unter anderem Registrierungs- und Kastrationspflicht für Katzen so wichtig sind: Den Auftakt gibt unser Vorstandsmitglied Stefanie Bauche.

Stefanie Bauche ist Beisitzerin im HTV-Vorstand und nimmt regelmäßig Fundkatzenbabys auf, um sie aufzupäppeln und großzuziehen. Seit vielen Jahren kämpft sie in Hamburg für eine Katzenschutzverordnung, wie es sie in anderen Städten längst gibt.

Gefühlt jeder Dritte in Hamburg hat sich in der Pandemiezeit einen Hund angeschafft – oft leichtsinnig. Wie sieht es mit Katzen aus?

Es steht zu befürchten, dass einige das taten. Es gibt schon (junge) Abgabetiere in den Tierheimen mit der Begründung, doch keine Zeit mehr zu haben. Auch die Aussetzungszahlen im vergangenen Sommer – als man zeitweise wieder reisen konnte – waren höher als in den vergangenen Jahren. 

Gehen Menschen mit Katzen insgesamt leichtfertiger um als mit Hunden? 

Ja – und ich frage mich auch immer, warum das so ist. Es könnte mit der Tatsache zusammenhängen, dass man eine Katze als selbstständiger ansieht. Einem Hund gewährt man ja nicht einfach Freigang, man geht mit ihm Gassi. Außerdem gibt es in Deutschland eine Chip- und Steuerpflicht für Hunde, für Katzen nicht. Das gibt Hunden einen höheren Stellenwert. 

Ist die Zahl ausgesetzter und freilebender Katzen seit Beginn der Corona-Pandemie gestiegen?

Die Katzenrettungsteams verschiedenster Vereine und Hilfsgruppen berichten gleichlautend, die Zahlen in der Pandemie seien höher – und überall sei es in diesem Jahr schlimmer geworden.

Lässt sich bei Fundtieren klar unterscheiden zwischen Katzen, die kein Zuhause mehr haben und Streunerkatzen?

Man kann Rückschlüsse ziehen daraus, in welchem Zustand das gefundene Tier ist und wie es sich Menschen gegenüber verhält. Nur leider ist es katzentypisch, dass sie sich, je elender es ihnen geht, umso tiefer verkriechen. Deshalb findet man eher besser genährte, gesündere Tiere oder welche, die nicht mehr zu retten sind. Zumal auch entlaufene Hauskatzen unterwegs sind, die anfangs noch in gutem Zustand sind.

Die Lösung wäre eine Katzenschutzverordnung Kastration, Chip und Registrierung. Warum ist die Umsetzung so schwierig?

Eigentlich ist die Umsetzung nicht schwierig, die Politik muss sich nur dafür entscheiden, eine Katzenschutzverordnung einführen zu wollen. In Hamburg wird das gerade geprüft. Der immer wiederkehrenden Argumentation von zusätzlichen Kosten durch hohen Verwaltungsaufwand und Kosten für ein Register steht entgegen: sie spart erhebliche Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Fundkatzen durch deutlich kürzere Verweilzeiten im Tierheim, Hamburg kostet das jährlich rund 500.000€ und eigene Register werden nicht benötigt, der Deutsche Tierschutzbund bietet das kostenlose deutschlandweit vernetzte Haustierregister FINDEFIX an.

Notwendig ist allerdings auch die Aufklärung der Katzenhalterinnen und -halter darüber, dass sie ihren Hauskatzen schaden, wenn sie die Tiere nicht registrieren und kastrieren lassen. Das ist leider nicht allen klar.

Die Vermehrung freilaufender Katzen ist auch hierzulande ein Problem – immer mehr Kätzchen werden ins Elend geboren. Warum bekommt das Thema Streunerkatzen so wenig Aufmerksamkeit? 

Es ist traurig, dass sehr viele Menschen gar nicht glauben mögen, dass es in Deutschland Straßenkatzen gibt. Man sieht sie hier ja nicht. Aufklärung ist darum schwierig.

Können scheue und menschenfern auf der Straße lebende Katzen überhaupt noch gerettet werden?
Selbstverständlich können sie gerettet werden. Es kommt ja darauf an, was man unter „retten“ versteht: Lebensrettende Maßnahmen sind betreute Futterplätze und eben die Kastration - also warme Unterkunft, regelmäßiges artgerechtes Futter und eine Durchbrechung der kräftezehrenden Vermehrungsspirale.

Eine Rettung im Sinne von "in ein Zuhause mit Familienanschluss geben" ist oft nicht möglich, viele Katzen empfänden das nicht als "Rettung". Sie machen ja auch schlechte Erfahrungen mit Menschen, denn auf der Suche nach Futter und Unterschlupf werden sie verjagt oder verletzt. Es gibt aber auch Katzen, die durch die Betreuung merken, dass Menschen doch nicht so furchterregend sind. Die suchen Anschluss – und haben sie ihn gefunden, setzen sie am liebsten keinen Fuß mehr vor die Tür. Das sich Durchschlagen müssen auf der Straße ist hart und traumatisch.

Wissen die Menschen eigentlich, was sie Tieren antun? 

Es gibt viele Menschen, die es wissen und sich im Tierschutz engagieren – sei es nur durch einen weniger "aufgeräumten" Garten. Aber leider gibt es auch viel zu viele, die es nicht wissen – oder gar das Tier auf der Straße nicht als Mitgeschöpf, sondern als Parasit ansehen.

Wie kann man mehr Bewusstsein über Tierleid, insbesondere das der Streunerkatzen, schaffen?

Menschen, die aufklären möchten sind immens wichtig. Die Problematik muss immer wieder auf den Tisch kommen – und es muss empathisch versucht werden, die Menschen mitzunehmen. Mein Wunsch wäre, dass immer mehr Menschen – vor allem auch die politisch Verantwortlichen – zuhören, begreifen und sich bemühen, etwas zu verändern. Eine Katzenschutzverordnung für Hamburg wäre ein immens wichtiger und in meinen Augen ein absolut notwendiger Schritt.

In solch einem erbärmlichen Zustand wurde das Katerchen gefunden: abgemagert und schnupfenkrank mit verklebten, entzündeten Augen ...
... und so konnte er, von uns aufgepäppelt und "Hans Albert" getauft, schließlich in ein neues Zuhause umziehen.