Emil und Ede genießen sichtlich die Kuscheleinheiten miteinander.

Für verstoßene Haus- oder verwaiste Straßenkatzenkinder bin ich, Stefanie Bauche (HTV-Vorstandsbeisitzerin) Ersatzmama – seit 10 Jahren im Auftrag des Hamburger Tierschutzvereins, doch mein erstes Flaschenkind hatte ich bereits im Jahr 1978. Hier erzähle ich die Geschichte von dem Geschwistertrio Hanja, Henja und Hugali und von Emil, Enis, Erik und Ede, die beweisen, dass für wahre Geschwisterliebe keine Blutsverwandtschaft nötig ist.

Juli 2021: Meine Pflegekinder dürfen unsere Kater kennenlernen und Katzenkommunikation üben. Die genetisch verankerten Verhaltensmuster sind zwar immer vorhanden – ansonsten könnte man Handaufzucht auch lassen –, Training ist dennoch vorteilhaft.

Von LeviTiger können sie nur lernen, dass man knurrenden Katzen aus dem Weg gehen sollte. Zwischen ihm und den Kleinen ist immer ein Gitter. Seine Pfoten passen allerdings durch und sie dürfen dem Gitter nicht zu nahekommen. Von Caspar Faltohr lernen sie, es nicht zu übertreiben: Er lässt sich einiges, aber nicht alles gefallen. Werden sie zu frech – wie Hanka natürlich –, setzt es Ohrfeigen. Und von dem reinlichen Szaro lernen sie, wie Katz‘ sich gründlich wäscht. Szaro liebt Kitten, leckt sie von vorn bis hinten ab und spielt mit den Zwergen sehr gerne Verstecken und Nachlaufen.

Ich gewöhne die Kleinen auch frühzeitig an vieles, was später von Vorteil ist, unter anderem die regelmäßige Zahnkontrolle und -reinigung, das Ohren putzen, Pfotenuntersuchungen und ähnliches. Auch

Bereits mit wenigen Wochen ist Hugali daran gewöhnt, sein Geschirr zu tragen.

daran, im Transportkorb getragen zu werden und an das Tragen von Geschirr.

Denn wir leben in einer Großstadt! Aussagen wie „Ich trage meine Katze immer auf dem Arm in die Tierarztpraxis, sie hat ja solche Angst vor dem Transportkorb“ oder: „Ich verstehe gar nicht, warum sie heute runtergesprungen ist!“ oder: „Meine Katze irrt jetzt seit vier Wochen in einer ihr unbekannten Gegend herum“ und ähnliche grenzen für mich an Tierquälerei. Wer seine Katze ungesichert transportiert, handelt grob fahrlässig und riskiert den Verlust des Tieres.

Sind die Kitten elf Wochen alt, beginnt das Grübeln über ein zukünftiges Zuhause. Denn: Katzen sollten niemals zu einem Leben ohne Artgenossen gezwungen werden und werden deshalb nur zu zweit vermittelt oder zu einer vorhandenen jungen Katze. Wer einmal beobachtet hat, wie sehr Katzenkinder sich lieben, wird ihnen nicht das Herz brechen wollen, oder? Wenn es passt, gibt es eine Zusammenführung mit einem der einzeln Aufgefundenen – die beispielsweise auf Parkplätzen herumirrten oder gar in Mülltonnen entsorgt wurden - das passiert in unserer Stadt deutlich häufiger als auf dem Land, wo häufig mehrere Tiere zugleich aufgefunden werden. Ich habe einmal erlebt, dass nur ein Katerchen aus einer zugebundenen Mülltüte überlebte, seine drei Geschwister innerhalb weniger Tage nach dem Fund verstarben.

Um den ungewollten Nachwuchs zu vermeiden, wäre eine Kastrationspflicht für freilaufende Hauskatzen sehr hilfreich! Auch eine Chip- und Registrierungspflicht würde das Katzenleid mindern, weshalb wir uns als HTV für eine Katzenschutzverordnung in Hamburg einsetzen. Wer als Halter:in identifiziert werden kann, wird sich zum Beispiel auch gründlicher überlegen, ob er etwa eine Kätzin samt ihrer Babys aussetzt, die ungewollt, aber durch menschliche Schuld, Nachwuchs bekommen hat.

1. Auswahlkriterium fürs zukünftige Zuhause: Wer spielt wie am häufigsten und mit wem?

Ziehe ich Würfe auf, in denen beide Geschlechter mindestens doppelt vorhanden sind, prägt sich häufig ein unterschiedliches Spielverhalten aus: Die zwei Kater lieben deftige Prügeleien, während die beiden Kätzinnen eher fangen spielen und weniger grob miteinander sind. Bei einem Wurf aus vier Brüdern und einer Schwester war hingegen die Kätzin die rüpelhafteste. Auch dieses Jahr ist der einzelne Kater Hugali außergewöhnlich sanft.

2. Auswahlkriterium fürs zukünftige Zuhause: Wer interagiert am häufigsten mit wem?

Oft bilden sich feste Freundschaften aus, wenn zwei Kitten immer zusammen sind, sich ständig gegenseitig putzen, beim Spielen aufeinander achten und sich suchen.

3. Auswahlkriterium fürs zukünftige Zuhause: Kater oder Kätzin?

Das Katzenhaus vermittelt, in die Zukunft gedacht, am liebsten gleichgeschlechtlich, da sich unter erwachsenen Katzen bei freier Auswahl häufig Freundschaften so ausbilden. Unsere Tierpfleger:innen akzeptieren aber auch mein Bauchgefühl bei der Vermittlung, was die Zusammengehörigkeit der Kitten angeht, und: Geschwisterliebe ist oft stark. Bei der Zusammenführung von den drei Brüdern Emil, Enis und Erik mit dem Geschwisterpaar Finchen und Fiete spielte jeder mit jedem. Zum Schlafen bildeten sich allerdings Grüppchen, denn es lagen fast ausschließlich die Geschwister zusammen.

Nicht nur Finchen und Fiete kuscheln miteinander...
... auch Emil und seinem Ziehbruder Ede kann man ansehen, wie gerne sie sich haben.

Viele der Katzen, die hier in der Großstadt Hamburg vermittelt werden, werden Wohnungskatzen. Deswegen muss die Harmonie zwischen den Kitten stimmen – und natürlich die Harmonie zwischen ihnen und den Adoptant:innen. Manchmal passiert es, dass die Kleinen selber entscheiden. Dazu habe ich im Laufe der Jahre schon die wunderlichsten Dinge erlebt und Leute nehmen manchmal andere als die,

Apollo, Arietti und Anjuli wussten sofort, wen sie in ihre Katzenherzen schließen wollten.

wegen denen sie gekommen sind. Im Jahr 2016: Ein Junge wünschte sich aus dem Wurf die zwei Rocker-Kater Alexander und Apollo. Beim Kennenlernen eroberten aber die zarte kleine Schwester Anjuli und ihr sanfter Bruder Anouk sein Herz im Sturm – und er entschied sich für die beiden. Die introvertierte Schwester des Wurfes, Arietti, mochte nicht zu der Familie, die sie adoptieren wollte und versteckte sich. Ahnte sie, dass ihre große Liebe, ein kleines Mädchen, noch kommen würde? Die Familie nahm stattdessen die zwei Rocker-Jungs und alle wurden glücklich.