Brummhilde ist angekommen.

Brummhilde ist ein Paradebeispiel für Katzen, die leider oft eine ganze Weile bei uns im Tierheim warten. Freigang, Angst vor Menschen – keine guten Voraussetzungen, um in einer Großstadt vermittelt zu werden. Doch an Brummhilde zeigt sich, dass sich mit der richtigen Umgebung und ausreichend Liebe und Geduld auch die „Wildesten“ nicht nur durchs Leben grummeln müssen.

Wir beschreiben Brummhilde in ihrem Steckbrief wie folgt: „Unsere Brummhilde macht ihrem Namen hier alle Ehre – kein Wunder, denn das Leben im Tierheim ist so gar nichts für sie. Als Fundkatze können wir über ihre Vergangenheit nur mutmaßen, doch dass sie bisher nicht viel mit Menschen zu tun gehabt hat, wird schnell deutlich.
Leider springt der Funke bei Artgenossen ebenso wenig über, weshalb wir die Samtpfote nur als Einzelprinzessin vermitteln. Uneingeschränkter Freigang, damit sie nach Herzenslust herumstromern kann, ist ein Muss. Ein ruhiges Zuhause bei geduldigen Menschen, die Brummhilde all die Zeit geben, die sie braucht und verstehen, dass es sich bei ihr nicht um eine Schmusebacke handelt, ist genau das Richtige für sie – und wer weiß, vielleicht wird aus dem mürrischen Brummen ja irgendwann ein wohliges Schnurren?“

Fast vier Monate nach Brummhildes Ankunft im Tierheim: Sie belegt ein ganzes Außengehege für sich alleine, denn sie vermöbelt andere Katzen. Unsere Katzenvorleserinnen sagen, sie legt sich manchmal von

Im Tierheim war Brummhilde sehr unglücklich.

der anderen Seite gegen die Wand, um zuzuhören, wenn im Innenraum den anderen Katzen vorgelesen wird. Sie dürfen Brummhildes Gehege aber nicht betreten, es ist zu riskant. Wird ihr persönlicher Sicherheitsabstand unterschritten, brummt sie als Warnung und, wenn diese ignoriert wird, schlägt sie auch zu. Brummhilde zeigt, dass ihr das Tierheim langsam reicht und wird von ihren Tierpflegerinnen als verwildert eingestuft.

Es vergeht etwas Zeit. Das Alte Katzenhaus wurde gerade gesperrt, ein Gehege für nur eine Katze strapaziert die Möglichkeiten. Es wird Platz gebraucht. Also sollen die verwilderten, schwer vermittelbaren Katzen auf betreute Lebensplätze umziehen. Auch dort haben sie die Chance noch zahm zu werden – aber in Ruhe und in ihrer eigenen Geschwindigkeit.

Viele andere Katzen vor ihr haben gezeigt: Der Stress der Umgebung „Tierheim“ verhindert auch viel. Eingesperrt sein, viele Menschen, Lärm und Hundegebell ängstigen zusätzlich. Selbst der Stress, auf einem Futterplatz während der Eingewöhnungszeit im Auswilderungsgehege eingesperrt zu sitzen und von nur wenigen Menschen versorgt zu werden, ist zu viel für einige. Die vier Katzen vom Streunerplatz Billstedt beispielsweise sah schon im Tierheim sieben Wochen lang niemand, denn sie verkrochen sich angsterfüllt in ihren Boxen. Und auch in den neun Wochen im Eingewöhnungsgehege bekam keine der Fütterinnen sie je zu Gesicht. Sie hatten wirklich Angst vor Menschen und verkrochen sich in die hinterste Ecke des Schuppens, sobald jemand kam. Erst als das Gehege geöffnet wurde, die Katzen frei laufen und den Menschen ausweichen konnten, wurden sie sichtbar. Plötzlich saßen zwei von ihnen am Rand der Büsche und schauten zu, wie ihre Näpfe gefüllt wurden. Seitdem sie frei entscheiden können, wie nahe sie sich herantrauen, tun sie das regelmäßig. Geht man nur einen Schritt auf sie zu, sind sie verschwunden. Wer mutiger wird, weil er keine schlechten Erfahrungen macht, traut sich vielleicht einmal näher heran. Und lässt sich vielleicht irgendwann auch anfassen – möglicherweise erst nach Jahren. Vertrauen kann man nicht erzwingen.

Brummhilde im Eingewöhnungsgehege - kurz darauf darf sie raus und frei nach Katzenschnauze die Natur erkunden.
Brummhilde jedenfalls zog am 06.08.2021 auf einen Lebensplatz für eine Einzelkatze. Der Platz war frei geworden, weil die viele Jahre dort lebende Katze im Alter zahm wurde und in ein „richtiges“ Zuhause zog.

Betreut wird der Platz durch zwei Menschen die sich gut mit Katzen auskennen, Brummhildes Grenzen respektieren und ihr all die Zeit und Geduld geben, die sie benötigt. Schon zwei Wochen später hat sie sich an die beiden gewöhnt. Brummt nur noch, falls man ihr zu nahe kommt, wenn sie es gerade nicht möchte, und freut sich auf die „Futter-Lieferanten“. Also wird gewagt, sie aus dem Eingewöhnungsgehege herauszulassen.

Volltreffer: Sie tigert durch die Gärten, kommt zuverlässig zum Futtern zurück und liebt es, in lauen Nächten regensicher auf den Gartenstühlen auf der Veranda zu schlafen. Will sie sich zurückziehen, geht sie durch ihre Katzenklappe in den Schuppen.

Dieser Platz ist ein Traum: viel Grün zum Umherstreifen,...
... Hühner zum "Bewachen" und Mäuse zum Jagen.

Einen Monat später sagt Nicole, unsere ehrenamtliche Fütterin: „Brummi ist gut drauf. Sie bewacht Christians Garten. Zutraulich und bissig in Einem. Wie ich es beurteile, ist Brummi nicht ganz wild, aber man darf nicht versuchen, sie anzufassen. Dann greift sie an. Sie braucht viel Platz zum Ausweichen, um ausgeglichen zu sein, und zeigt ganz deutlich, dass sie so frei leben möchte. Tatsächlich ist es bei Christian perfekt für sie. Im Haus wäre es zu gefährlich mit ihr. Sie hätte nicht gut vermittelt werden können, wäre bestimmt wieder zurückgekommen, nachdem sie das erste Mal angegriffen hat. Sie ist definitiv keine Wohnungskatze – eingesperrt zu sein und nicht weg zu können, ist schrecklich für sie. Vielleicht wird sie milder im Alter, aber das sieht man dann.“

Danke an Christian und Nicole für diesen wunderbaren Lebensplatz für unsere brummige Zeitgenossin.